Neil Young pflegt seinen Werkkatalog mit viel Akribie. Hört mensch sein mit seiner Stammband Crazy Horse eingepieltes Drei-Stunden-Live-Album »Way Down In The Rust Bucket«, mitgeschnitten am 13. November 1990 im The Catalyst in Santa Cruz, Kalifornien, könnten einem die Tränen kommen, liest man allein die Band-Crew-Details. Wann gab es das letzte Live-Konzert? (Noch dazu mit tollem Sound: Es waren Johnny Batard, Jungspunde des Gitarren-zum-Singen-Bringens, live beim Salon skug am 25. Oktober 2020.) Geschweige denn den letzten Live-Gig von Neil Young in Österreich? Unvergessen ist die physisch erlebte Wucht, die eine gut eingestellte PA und allerbeste Tontechnik zaubern können. Solches vermisst der Autor dieser Zeilen sehr. Immerhin vermag einen der kanadische Amerikaner über die Covid-bedingte Konzertpause hinwegzutrösten. Für optimalen Klang treibt Neil Young hohen Aufwand, also sei das »Geheimnis« um seinen gewaltigen Live-Sound, der noch bei jedem seiner Konzerte eine Offenbarung war, gelüftet. Neben einem Stage Manager und eigenen Drum, Bass und Guitar Technicians werden auch der House Sound Mixer, Monitor Mixer sowie von der Maryland Sound Industries Crew ein Chief Sound Engineer, Monitor Engineer und Sound Technician sowie der für Guitar Amplifier Electronics Zuständige namentlich erwähnt. Kaum jemand misst einem prächtigen Live-Sound so viel Wert bei wie Neil Young. Nur so vermag die Kraft und Allmacht von Crazy Horse großartig auszustrahlen. In dafür berühmten Songs wie »Cinnamon Girl« oder dem das dreistündige Recording furious beschließenden »Cortez The Killer« dröhnen elegische Feedback-Gitarren. Warum eigentlich wurde noch nicht der Neologismus »Youngen« für Neil Youngs spezifisch rauen und doch Glücksharmonien verströmenden Rückkopplungssound erfunden? Wo doch Jazz-Schreiber*innen längst die Bezeichnung »Brötzen« für besonders wüst berserkernde Free-Jazz-Saxophoneinlagen im Stil des nun auch schon 80-jährigen Peter Brötzmann verwenden? Wohl weil nicht so leicht nachahmbar … Jedenfalls können Crazy Horse auch brachial rocken wie in »Sedan Delivery« oder im gedrungenen Stomper »Farmer John«. Letzterer Song wie auch »Homegrown« oder »Love To Burn« stammen vom im Frühjahr 1990 veröffentlichten Album »Ragged Glory« und wurden in Santa Cruz erstmals live präsentiert, wie auch »Danger Bird« von Youngs Album »Zuma« (1975). Ein Live-Erlebnis, trotz Tonkonserve, mit Feintuning im Studio von Neil Young und David Briggs. Zum Trost hat der gute Alte noch einen persönlichen Brief in die Doppel-CD-Verpackung stecken lassen. Getippt in Courier-Schrift mit leicht schmutzigen Schattierungen hinter den Lettern lädt der 75-Jährige in sein Archiv, wo Tausende Audio- und Videoaufnahmen schlummern. Für richtige Neil-Young-Freaks gibt’s dazu noch Hintergrunddetails und Memorabilia und Youngs persönlich geschriebene Zeitung. Alles nur für USD 19,99 pro Jahr.
Neil Young with Crazy Horse
»Way Down In The Rust Bucket«
Reprise/Warner
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