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»Live aus Peepli – Irgendwo in Indien«

Sozialkritische Satire aus Indien: Eine arme Bauernfamilie gerät in den Fokus von Medien und Politik.

Im Filmland Indien entstehen nicht nur kunterbunte Bollywood-Musicals: Die indische Regisseurin Anusha Rizvi befasst sich in ihrem ersten Spielfilm mit den prekären Lebensumständen verarmter Kleinbauern, gleichzeitig wirft sie einen kritisch-ironischen Blick auf die sensationsgierige Welt der Nachrichtenmedien. Im Zentrum des Films steht der Kleinbauer Natha und seine Familie, deren Hof versteigert werden soll, weil die Bank die Rückzahlung eines überfälligen Kredits einfordert. Ein Lokalpolitiker, den Natha und sein Bruder um Hilfe bitten, meint, Natha solle Selbstmord begehen, denn dann würden die Hinterbliebenen eine staatliche Prämie erhalten. Natha zieht diese »Lösung« tatsächlich in Betracht. Durch einen Zufall erfahren die Medien davon und die Familie steht plötzlich im Mittelpunkt von TV- und Zeitungsberichterstattung und schlie&szliglich versuchen auch Politiker verschiedener Parteien Gewinn aus der eigentlich tragischen Geschichte zu ziehen. Tatsächliche Hilfe erhält der unfreiwillige Medienstar und die Tausenden anderen, die sich in ähnlicher Lage befinden, allerdings keine.

Nur die Quote zählt

Anusha Rizvi, die bisher vor allem im Bereich Fernsehdokumentarfilm arbeitete, erzählt ihre Geschichte als Tragikomödie. Natha und sein Bruder werden als linkische und maulfaule Tölpel gezeichnet, während Nathas Frau als wahre Xanthippe dargestellt wird und seine Mutter abwechselnd die Schwiegertochter und ihre Söhne ankeift. Als die Horden von JournalistInnen bewaffnet mit Kameras und Mikrofonen in die Welt der Familie und des kleinen Dorfes eindringen, bleiben aber allen die Worte weg. Was die Betroffenen meinen und denken, ist aber ohnehin gleichgültig. In »Live aus Peepli« belehrt eine Starjournalistin einen naiven Jungreporter, dass Menschen und Schicksale völlig egal seien, was zähle, sei eine Story, die Quoten bringt und sonst nichts. Die Welt der Massenmedien, die Rizvi sehr negativ porträtiert, kennt die Regisseurin sehr gut – schlie&szliglich war sie jahrelang als TV-Produzentin tätig. Anusha Rizvi sind Menschen offenbar nicht egal, ihr »Zugeständnis an die Quote« liegt darin, über Missstände und Verelendung in unterhaltsamer Form, zu erzählen.

»Live aus Peepli – Irgendwo in Indien« (»Peepli Live«). Indien 2009. Regie: Anusha Rizvi. DarstellerInnen: Omkar Das Manikpuri, Raghubir Yadav, Malaika Shenoy u. a.

Derzeit in österreichischen Kinos

Home / Kultur / Film

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
01.03.2011

Schlagwörter

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