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Various Artists / Anton Nikkilä

»Geologists And Professional Tourists Vol. 2« / »White Nights«

N& B Research Digest

Mit dieser internationalen Sampler-Serie sind die beiden N& B-Label-Betreiber Alexei Borisov und Anton Nikkilä in einem ständigen »Work in Progress« an sich selbst in diversen Inkarnationen und an der Kollaboration mit anderen. Hier wird eine disperse Psycho-Geologie vermessen, die Audio-Expeditionen unternimmt zu den Rändern und weißen Flecken auf den Landkarten globaler Verwertungslogiken in Russland, Finnland, Schweden Japan, Belgien, USA und der Ukraine. Diverse Formationen von Borisov/ Nikkilä sind vertreten, zusätzlich gibt es neunen Experimental- und Electronica-Stoff von Benzo, KK Null, Anton Aeki, Leif Elggren und den Pink Twins. Borisov/ Nikkilä sind Geologen in den weiten Ausgrabungsfeldern zwischen Feedbacks, Drones, Radio-Cut-Ups, mehrfach gebrochenen Rhythmusstrukturen, elektroakustischen Ambiente-Aufnahmen und fein ziselierten Klangeskapaden. Konsequenterweise ist das Cover der CD komplett weiß: Eine unsichtbare und/ oder zu imaginierende Soundgeografie ist das Resultat. Diese Compilation zeigt wieder mal eindrücklich, wie unterschiedlich mit sonischen und psychonautischen Taktiken/ Daten umgegangen wird. »White Nights« dagegen ist seit »Formalist« (1998) die erste Solo-Veröffentlichung von Nikkilä. Die »Weißen Nächte« sind sicher eine der touristischen Höhepunkte in Finnland: Ob dabei Nikkiläs Musik gespielt würde ist fraglich. Er verfolgt einen kritischen Ansatz von medialen und psychischen Radikalismen durch Muzak-Music, die er durch die Industrial-/ Sonic Warfare-geeichte Hörschule schleust. Irgendwann blitzt Curd Ducas Musik am Horizont auf, wenn es darum geht, aus vermeintlicher »Easy«-Musik das Gegenteil herauszudestillieren und 70s-Weichzeichner-Sounds sich in flüssiges radioaktives Miasma auflösen. Die andere Hauptlinie ist die mystisch verklärte Anbetung der Entkörperlichung und des Machbarkeitstaumels im sowjetischen Maschinenkult. Da hält’s Nikkilä mit den Experimentalisten europäischer Prägung von Esplendor Geometrico bis Glitch-Electronica, White Noise, Radios, vertrackte Rhythmiken, und allerlei »broken sounds« generieren die akustische Entsprechung. Man stelle »100 Years of Soviet Cybernetics« »Viva Rock’n’Roll« gegenüber: Diese beiden Tracks brechen sich ständig gegenseitig, das eine ist das Blendwerk des anderen. »White Nights« ist ein massives, vertracktes, zwiespältiges und trickreiches Werk. Muzak-Noise, hochkomprimiert.

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