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Eisuke Yanagisawa

»Path of the Wind«

Gruenrekorder

Der japanische Filmemacher und Feldrekorder Eisuke Yanagisawa trat in der Vergangenheit bereits mit Aufnahmen in Erscheinung, welche einen Teil des Ortes, an dem er seine Technik installiert hatte, einfangen sollten. In einer dieser Aufnahme, »Ultrasonic Scapes« (2011), wurden den Menschen umgebende, aber mit freiem menschlichem Gehör oft nicht wahrnehmbare Klänge, wie das Surren von Zikaden, das Rufen von Fledermäusen oder auch das Brummen von Ampeln, mit Hilfe eines Ultraschallmikrofons zum Teil verstärkt, dokumentiert. Auf »Path of the Wind« bedient er sich selbstgebauter Äolsharfen, das sind Saitenkonstrukte, die, vom Wind angetrieben werden und von selbst – je nach Windstärke und -richtung – ein hohes Leiern oder Dröhnen fabrizieren. Das Mikrofon wandelt dann den Wind in die Töne des Instruments um. Doch auch die für Japan so typischen Alltagsgeräusche, etwa Meeresrauschen mit Seevögeln, spazierende Menschen, eine ankommende Fähre oder am Schluss des Albums die Arbeiten in einem Steinbruch, an dem Yanagisawa Station macht, scheinen in den Aufnahmen durch. Dort ist es besonders windig, und dementsprechend sind die Drones von einer hohen Intensität, man spürt den Wind über diese besonderen Orte und Szenerien hinwegfegen und ihre jeweilige Essenz über die Saiten fegen und sich verdichten: eine über 1.200 Jahre alte japanische Kamelie in Yosano-cho, ein Strand, ein Park oder sieben in der Nähe befindliche Kernkraftwerke. Die Harfe wandelt all das Leben in Betrachtungen des Ortes um, ihrer spezifische Ökologie, Geologie und ihre Geomorphologie. Nach Vorschrift des Labels sind diese Aufnahmen gänzlich unbearbeitet. Yanagisawa ist also weniger Musiker als vielmehr Dirigent oder Kurator. Er stellt das Instrumentarium und wählt aus, lässt die Natur ihre Lieder singen.

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Text
Lutz Vössing

Veröffentlichung
21.09.2018

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