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Devin Townsend

»Empath«

Inside Outmusic/Sony Music

Mehr ist mehr. Für sein aktuelles Album »Empath« hat der kanadische Musiker Devin Townsend tief in seine Musiktrickkiste gegriffen. Dabei hat er gleich drei Schlagzeuger ins Studio eingeladen und Mike Keneally, den man unter anderem durch sein Mitwirken in der Tournee-Band von Franz Zappa und Steve Vai kennt, als Musikdirektor installiert. Für das Album hat Townsend kurzerhand sein Devin Townsend Project auf Eis gelegt, mit dem er von 2009 bis 2016 in regelmäßigen Abständen Alben veröffentlichte. Das Personal auf »Empath« ist somit frisch, die absolute Zuspitzung auf die kompromisslose Verwirklichung der bunten Ideenwelt des Synästheten Townsend über das ganze Album hinweg erkennbar. Man mag es nicht sein Opus magnum nennen, denn dafür traut man Townsend im Verlauf seiner Karriere noch zu viel zu, aber ohne weiteres lässt sich die Platte als die bisher vollständigste und farbenprächtigste Manifestation seiner Vorstellungen bezeichnen. Für Townsend-Neulinge wirkt das Werk daher auch vermutlich zerfahren und beliebig. Harte Metall-Knüppelpassagen paaren sich hier mit vertrackten Prog-Elementen, die dann wieder mit Pop-Aspekten flirten, welche wiederum manchmal in musicalhafte Theatralik kippen. Diese unerhörte Vielfalt ist aber in Wahrheit die Kulmination dessen, was Townsend seit jeher ausmacht, nur dass das noch nie so komprimiert auf einer Aufnahme zu hören war. Von dem, was es hier zu hören gibt, gehen einmal förmlich die Ohren über. Neben den Schlagzeugern, die jeweils andere Stilrichtungen ausfüllen, bekommt man einen analogen Frauenchor und echte Streicher zu hören. Künstlich und billig ist hier nicht. Dazu kommt, dass der Mix der Platte sich stark von den oftmaligen Loudness-Eskapaden der sonstigen Metal-Zunft unterscheidet. Alles klingt dynamisch, jedes kleine Detail ist zu hören, das Klangspektrum reicht auf der Frequenzebene von sehr leise bis hin zur absoluten Klangmauer. Insgesamt ist »Empath« kein herkömmliches, progressives Metal-Album. Es ignoriert Genre-Codes und -Konventionen, die Musik verfügt über einen Aberwitz und eine Positivität, die weit über erwartbare Prog-Frickeleien hinausweisen. Obwohl es hier viele gespielte Töne und unerwartete Wendungen gibt, ist nichts davon Selbstzweck oder gar Show. Alles steht im Dienst der townsendschen Emotionen und seines Ausdrucks. Auf »Empath« gibt es viel zu fühlen, viel zu hören und viel zu ertragen. Die Reise lohnt sich jedoch, auch wenn sie auslaugend und mühsam ist.

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