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»Claires Geheimnis« (»L?Empreinte de l?ange«)

Sandrine Bonnaire und Catherine Frot in einem Drama nach einer tatsächlichen Begebenheit. Safy Nebbou inszeniert trocken und ohne Gefühlsduselei.

Wenn ein Kind verschwindet und es gefunden wird, wenn Totgeglaubte wieder auftauchen, ist das natürlich ein gro&szliges Thema in den Medien. Gern werden solche Geschichten zur Vorlage von Spielfilmen. Der französische Regisseur Safy Nebbou entwickelt seine Filmerzählung »L?Empreinte de l?ange« nach einer Begebenheit, die sich wirklich zugetragen hat. Er macht daraus allerdings keine Sensationsstory, sondern erzählt ohne spektakuläre Melodramatik und in fast unscheinbaren Bildern. Im Mittelpunkt des Films steht Elsa Valentin (Catherine Frot), eine Frau in den Vierzigern, die auf einer Kinderparty ein kleines Mädchen namens Lola entdeckt, von dem sie meint, es sei ihre als Baby verstorbene Tochter. Als sie von ihrer »Entdeckung« erzählt, glauben ihr weder ihr Ex-Ehemann noch ihre Eltern. Doch Elsa vertraut ihrer Intuition und beginnt die Nähe des Kindes zu suchen.

Ambivalente Mutterfigur

Es bleibt bis kurz vor dem Ende des Films ungewiss, ob Elsa ihre tot geglaubte Tochter wiedergefunden hat oder ob sich die Frau in eine Wahnvorstellung verrannt hat. Als Zuschauer steht man der Figur Elsas durchaus ambivalent gegenüber. Einerseits bringt man der allein erziehenden Mutter, die auch um das Sorgerecht für ihren zwölfjährigen Sohn kämpft, Sympathie entgegen – besonders als man von ihrem traumatischen Verlust erfährt. Andererseits erscheint sie als zunehmend bedrohliche Figur, sie beginnt ihre vermeintliche Tochter zu beobachten, verschafft sich unter einem Vorwand Zugang ins Haus der Familie Lolas, taucht plötzlich auf, um mit dem kleinen Mädchen in Kontakt zu treten. Lolas Mutter Claire (Sandrine Bonnaire) schöpft bald Verdacht und will die Störenfriedin loswerden.

Den Boden verlieren

Das Sujet »gefährliche Frau gefährdet liebe Familie« ist bekannt aus Thrillern wie »Die Hand an der Wiege«, doch »L?Empreinte de l?ange« ist das Gegenteil davon, es geht nicht um den bösen Eindringling in die heile Welt von guten Leuten (bei Nebbou sind Begriffe wie gut und böse keine relevanten Kategorien), sondern um die Erschütterung von eingefahrenen Lebensweisen durch eine zufällige Begegnung. Metaphorisch wird dieses Aus-den-Gleisen-Springen in einer Szene auf dem Eislaufplatz vorweggenommen: Elsa und Lola verlieren beim Schlittschuhlaufen buchstäblich den Boden unter den Fü&szligen.

»Claires Geheimnis«, Frankreich 2008. Regie: Safy Nebbou. Mit: Catherine Frot, Sandrine Bonnaire, Wladimir Yordanoff, Héloise Cunin u. a.

Derzeit in österreichischen Kinos

www.filmladen.at

Home / Kultur / Film

Text
Jenny Legenstein

Veröffentlichung
25.09.2010

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