cover_hi-300x300.jpg
Salah Ammo

»Assi«

Be Now Records

Diese sinnlichen Klänge der Bouzouk (syrische Langhalslaute), die sachte von Peter Gabis‘ variantenreicher Percussion und teils Obertongesang begleitet werden, wurzeln im syrischen Kurdistan und man merkt ihnen das Leiden am tragödischen Schmerz an. Salah Ammo verfügt über eine Stimme mit begnadet klagendem Schmelz und muss im österreichischen Exil, das er sich nicht ausgesucht hat, ohnmächtig zusehen, dass nicht die Rebellen, sondern die kulturlosen IS-Milizen das Vakuum der zerfallenden Staaten Syrien und Irak nutzen können und das Morden und Vertreiben eine noch höhere Brutalitätsstufe erreicht. Bedrückend ist der Titelsong, ein düsteres Duett mit dem Fluss Assi, in dem die tyrannische Zeit unter den Assads besungen wird. Assi (übersetzt: Rebell) fließt als einziges Gewässer der Levante von Süden nach Norden und quert die zentralsyrische Stadt Hama, in der das Assad-Regime bereits 1982 an die 30.000 Einwohner massakrieren ließ. Seit 2012 ist der für seine imposanten Wasserräder am Stadtufer gerühmte Fluss wieder blutgetränkt. Darin fand man u. a. den Leichnam von Al Kashush, der als erster Künstler Basher al Assad singend zum Rücktritt aufforderte, mit herausgeschnittenem Kehlkopf. Grausam ist auch eine von den Dengbej (kurdische Sänger, die überlieferte Erzählungen intonieren) gesungene Moritat aus dem 18. Jahrhundert: Weil es ein Heiratsverbot zwischen Jesiden (religiöse kurdische Minderheit, die die Personifizierung des Bösen ablehnt) und Muslimen gibt, wurde der jesidische Freiheitsheld Darveshe Avdi ermordet – er hatte sich in die Tochter eines muslimischen Paschas verliebt. Ûberwunden ist eine solche Tradition auch heutzutage nicht.

Des weiteren handeln zwei weitere Volkslieder von Frauen, die ihr Geliebter verlassen hat, doch ist die Essenz des Albums der unbändige Wille, seine Heimat geistig auch im Exil zu bewahren. Der palästinensische Poet Mahmoud Darwish widmete das von Ammo-Gabis berührend dargebrachte »Leysa lil Kurdi illa Arrieh« – »Der Kurde hat nichts als den Wind« seinem syrisch-kurdischen Dichterfreund Salim Barakat. Man weiß um die Unterdrückung der Kurden, die keinen eigenen Staat haben und bewundert dann umso mehr Salah Ammo, der trotz all dem Schrecken eine Perspektive hat: »Die Freiheit kommt, wir sollten optimistisch sein. Wir werden unser Land wieder aufbauen, Stein für Stein« heißt es in »Sabahkon Huorya, Roja wa, Azzadi ba« – »Guten Morgen Freiheit«.

favicon
Nach oben scrollen