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Helmut Lachenmann

Allegro sostenuto. Serynade / Mouvement

Kairos

Der 1935 geborene Komponist Helmut Lachenmann erweist sich auch in diesen neu kompilierten Aufnahmen, die sich von »Allegro« (1987) bis »Serynade für Klavier« (1998/2000) erstrecken, als Meister der Setzung und Zersetzung von Klangmaterial. Die bei ihm aus streng auskonstruierter Verweigerung heraus entstehenden Auflösungen und -weichungen werden nicht prozesshaft zelebriert, sondern durch strukturelle Brechung der Klangmittel – etwa durch gezielten Einsatz von Dämpftechniken – vielfach skizziert und angedeutet. Lachenmann gelingt es wie kaum einem anderen Vertreter der »instrumentalen Musique concrète«, zusätzlich zur Brechung des Klingenden außerhalb einen Aufbruch der Wahrnehmung beim Rezipienten selbst – also innnen – vorzunehmen. Dabei forciert er nicht nur seine Suche nach dem eigenen Standort – geografisch wie künstlerisch -, sondern zwingt eben den Hörer zu einem realistischen Klangverständnis, das auch den Abbau von Exotik, die meist zu einer unnötigen Verzerrung des Gehörten/Erlebten führt, beinhaltet. Also verfolgt Helmut Lachenmann im Grunde immer dasselbe Ziel: eine Musik zu schaffen, für deren Verständnis keine (privilegierte) intellektuelle Vorbildung notwendig ist, sondern alleine die Klarheit und Konsequenz in der Kompositionstechnik. So nebenbei gelingt auch meist das Entlarven jedes progressiven Scheins.
Diese Glaubwürdigkeit, mit der auch in den vorliegenden Werken unberührte und berührte Klänge in eine musikalische Form übergeführt werden, kommt meines Erachtens besonders bei der »Serynade für Klavier« zum Ausdruck. Im Vordergrund steht nicht so sehr der Anschlag mit all seinen Varianten, sondern das Ausklingen, das von vielen Musikern und Komponisten eher als physikalische Gegebenheit denn als künstlerische Herausforderung aufgefasst wird. Mit elementaren technischen Mitteln werden sehr unterschiedliche Formen von Resonanzen erzeugt, die den musikalischen Fokus vom begleitenden Orchester (»Ausklang« für Klavier und Orchester, 1984/85) zur Gänze ins Innere des Klavier(klang)s lenken. Dieses ästhetische Angebot verstehen zum Glück jetzt wieder immer mehr junge Vertreter der neuen (sowohl mit großem als auch mit kleinem n) Musik zu nutzen. Daraus entsteht auch eine ganz neue Art von Virtuosität, die vom Musiker gefordert wird. Das kann nur gut sein.

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