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Zooanzoo

»Neck Out«

Beau Travail

Heiter auf einer Leiter reiten – mit dem neuen, auf Beau Travail erschienenen Album des US-amerikanischen Produzenten Zooanzoo brechen Genregrenzen zu einem farbenfrohen Murmelspiel zusammen. Damals im Kindergarten entstanden die schönsten Bilder in einem Schuhkarton. Wir saßen im Sand, philosophierten über Gott und die Welt und schwenkten zur eigenen Genugtuung nebenbei ein paar Murmeln durch bunte Farbkleckse. Auf diese Weise entstand nach einiger Zeit ein Kaleidoskop-artiger Mischmasch aus psychedelischen Farben und Formen, der sich rauschartig ausbreitete und in einem komatösen Mittagsschlaf verwirklichte. Irgendwie war dieser Drogenkram schon immer faszinierend!

Vor Kurzem musste ich wieder an diese frühen, uneingeschränkten Experimente denken. Grund dafür war das neue Album von Zooanzoo, einem jungen Produzenten aus Harrisonburg in den USA, der mit »Neck Out« seine nunmehr zweite Platte auf Beau Travail veröffentlicht. Über zehn Stücke entsteht ein zu Musik gewordenes Murmelspiel, mit regellosen Einflüssen, so bunt wie es damals meine Farben waren. Dabei zeigt schon die Vorderseite des Covers, wo der Bartl seinen Most herholt. Zwei Köpfe im Strudel von Zeit und Raum. Gebrochene Flächen, die sich in aberwitzigen Verwirrungen verlaufen und sinnbildlich für das stilistische Austoben des anbahnenden Tohuwabohus herhalten, das es auf »Neck Out« zu hören gibt.

Gut, wir sprechen ganz offensichtlich von kontinuierlicher Veränderung in einer Welt, die Veränderungen, wenn überhaupt, nur vortäuscht. Aber immerhin. Hauptsache kein Stillstand und das ungnädige Gefühl, zu wenig zu tun. Was in einem Moment noch war, ist deshalb im nächsten schon wieder überschrieben; von neuen Ideen und Wegen, die für die Dauer eines dreiminütigen Popsongs verfolgt werden, irgendwann abrupt zu Ende gehen oder an einer Gabelung vor der abermaligen Entscheidung stehen: Wo kommt man her, wo will man hin? Nicht nur im Falle von Zooanzoo ist das gar nicht so leicht zu beantworten. Langsamere Downbeats strömen in schnelleren Crossover-Jazz, groovenden R’n’B und überbordende Synth-Tiraden. Einmal aufwiegelnd und beseelt, dann schlürfend und träge. Letztlich aber immer wild und zerstreut. Für Fans von Tame Impala, Pond, Stuff und Panda Bear.

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Text
Christoph Benkeser

Veröffentlichung
30.07.2018

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