Rodion G. A. 2014 © Alexandru Paraschiv/Flickr, CC BY 2.0
Rodion G. A. 2014 © Alexandru Paraschiv/Flickr, CC BY 2.0

Vater der elektronischen Musik Rumäniens

Rodion Ladislau Roșca, mit seiner Band Rodion G. A. Pionier der elektronischen Musik in Rumänien, verstarb 67-jährig im März 2021 an Krebs. Eine Würdigung seines Schaffens.

Welche Institution Rodion Ladislau Roșca im Karapatenstaat war, verdeutlichte der Anruf eines rumänischen Freundes kurz nach seinem Ableben am 27. März 2021 aus ebendiesem Grund. Dank dieser betrüblichen Nachricht vergegenwärtigte sich der Autor dieser Zeilen das Lebenswerk dieses Genies. In den 1970er-Jahren, als in Rumänien Unterhaltungsmusik en vogue war, hatte Rodion Ladislau Roșca einen gänzlich neuen Atem und brach mit herkömmlichen Mustern. Er graduierte an der Musikhochschule in Cluj und war immer offen für Experimente. Roșca verwendete Tape Recorder (Tesla, made in CSSR), nahm damit ein Fragment von diesem und jenem Stück auf, baute auf »Reverse Tape«-Effekten einige Drum-Sounds darüber, fügte ein Gitarrensolo dazu und montierte daraus einen komplett neuen Sound. Es ist zwar ein etwas weit hergeholter Vergleich, doch erinnert das beispielsweise daran, was Antonio Vivaldi mit den »Vier Jahreszeiten« oder Modest Mussorgsky mit »Bildern einer Ausstellung« gelang. Dabei war zunächst der Grund, Musik aufzunehmen, die eigenen Songs zu erinnern. Für seine One Man Band Rodion G. A. stellte sich allmählich Erfolg ein, also formte er daraus ab 1979 mit Gicu Farcas und Adrian Caprar eine Rockband. Der Mix aus Prog Rock mit psychedelischen Space-Rock-Elementen, Electronic Music und Pop ergab einen großartigen Power-Sound. Zu sehen und zu hören anhand »Stele si lumini« im rumänischen Staatsfernsehen 1982:

1983 brach die Band wegen der Instabilität ihrer Formula auseinander, und Roșca verbrauchte in sechs Jahren einige Dutzend Instrumentalist*innen. Bis 1989 komponierte er zudem fürs Theater und fürs Fernsehen. Der Tod seiner Mutter war für ihn eine gröbere Zäsur als das Ende des Ceaușescu-Regimes, das ihn, hätte er regimekritische Texte geschrieben (diese wurden von der Zensurbehörde einem dreifachen Check unterzogen), ins Gefängnis geworfen hätte. 2008 holte Roadrunner Music Romania Rodion G. A. aus der Versenkung zurück – vor 1989 konnte die Gruppe nur auf dem staatlichen Monopollabel Electrecord Platten herausbringen. Roșca erlangte auch nach 2010 Aufmerksamkeit, als die Bukarester Gruppe Future Nuggets, die vergessenen Talenten zur Wiederentdeckung verhilft, mit ihm zusammenarbeitete. 2013 signte ihn das britische Label Strut Records, das Rodion G. A.s wunderbar krautige »The Lost Tapes« veröffentlichte.

In diesem YouTube-Video von Strut Records finden sich noch zwei Laudatios auf den einzigartigen Sound von Rodion G. A.: »A hybrid of electronic music, psychedelics, and progressive rock that, decades later, has revealed itself to be remarkably ahead of its time.« (Wax Poetics) Und: »The Lost Tapes« represents the first-ever full-length release from a man whose recognition is long overdue. The release collects previously unheard recordings created by Rodion Roșca and his band Rodion G.A. in Romania in the early 80s on an innovative recording set-up comprising Tesla reel-to-reels, cheap drum machines, multi-tracked live instruments, and early sampling. Taken as a whole, more than 30 years after their creation, they sound like absolutely nothing else.«

Ein junger rumänischer Musiker voller Ideen © Privatarchiv Rodion Roșca

Um Rodion Ladislau Roșcas Werk zu würdigen, seien zum Schluss noch zwei Zitate aus dem besten aller rumänischen Nachrufe, erschienen auf hotnews.ro, erwähnt: »Rodion Ladislau Roșca: The tragic story of a musical genius wasted during Ceausescu’s time« … »Rodion, an artist who was never appreciated at his true value. In 1977 he was too modern, now he’s old-fashioned. But Rodion’s music will always be of interest to those who want to discover it.«

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