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Tobias Hoffmann Nonet

»Retrospective«

Alessa Records

Mittelgroße Jazz-Formationen erleben derzeit einen Aufschwung. Es sprießt seit einigen Jahren alles zwischen Sextetten und Nonetten regelrecht aus dem Boden. Eines davon ist das Nonet des in Deutschland geborenen Saxofonisten und Komponisten Tobias Hoffmann. Im August 2018 versammelte der in Wien werkende Musiker einige der besten hiesigen jungen Jazzer um sich, um seine kompositorischen Visionen umzusetzen. Seine Arrangements lassen die Formation nicht selten klanglich über ihre eigentliche Größe hinauswachsen. Vor allem auf den balladeskeren Cuts bewegt sich der Sound schon mehr in Richtung großer Arrangements à la Bob Brookmeyer. Mit fünf Bläsern sind bereits eine Menge Möglichkeiten vorhanden, »Horns Alone« präsentiert diese auf dem Silbertablett. Fabian Rucker an Bassklarinette und Baritonsaxofon bildet einen zentralen Punkt dieser Klangkulisse, sind es doch seine Tieftöner, die, präzise arrangiert und eingesetzt, den gesamten Bläsersound tragen. Als Rhythmusgruppe hat sich Hoffmann Philipp Nykrin am Klavier, Christopher Pawluk an der Gitarre, Andreas Waelti am Kontrabass und Michael Prowaznik am Schlagzeug hinzugeholt, die durchwegs voranpushend aber nie aufdringlich grooven und swingen. Obwohl weite Strecken des Albums durchkomponiert sind, gibt es dennoch einige improvisatorische Höhepunkte: Philipp Nykrin und Simon Plötzeneder (Trompete, Flügelhorn) brillieren auf »Frühlingserwachen«, Fabian Rucker an der Bassklarinette auf »Procrastinator« oder Christopher Pawluk auf »Propulsion«. »Retrospective« versucht nicht, das Rad neu zu erfinden, bereitet aber als Neuauflage ebendessen große Freude. Die Grundstimmung der Stücke ist positiv, auch die Balladen haben stets optimistische Anklänge. Die Abwechslung zwischen straight-ahead swingenden Bop-Tunes (»Whoʼs to Blame« mit einem weiteren tollen Solo von Fabian Rucker!) und Funkigerem gelingt Hoffmann durch eine geschickte Aneinanderreihung seiner Kompositionen auf ganzer Albumlänge und sorgt für 66 hochkarätige Jazz-Minuten ohne Genrediskussion.

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