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To Do PRINT revs #94

Dump: »Superpowerless«, »I Can Hear Music«

Telekinesis: »Dormarion«

beide: Morr Music

Die Neuausgaben der frühen Soloalben von Yo La Tengo-Bassist James McNew als Dump – erstmals auf Vinyl – führen zurück in die 1990er, als sich LoFi als Gegenbewegung zu (Post-)Grunge und Crossovermatsch formierte. Dagegen setzte LoFi eine gewisse Grundverspultheit, ostentatives Verstärkerbrummen, Reduktion und Schwachheit als unmännliche Stärke (eben »Superpowerless«). Das alles war natürlich gefährlich nahe an Indie-Ideologie und DIY-Kitsch gebaut, und die traurige Wärme, die auch die krachigeren Stücke von Dump durchpulst, stand immer bereits mit einem Bein im Dunstkreis von Subjektivitätsduselei und anderer Mikrofaschismen (die berüchtigte Authentizität, die mir auch auf den Seiten dieses Magazins entschieden zu oft angerufen wird, ob als bloße Rezensionsfloskel oder aus ideologischer Verbohrtheit, möchte ich nicht entscheiden). Dennoch war sie immer eher Heizungs- als Ofenwärme, im Prinzip also etwas Künstliches. Das Medium all der In-sich-Gekehrtheit und Verletztheit war weniger die Klampfe, als das Vierspurgerät. Und das wurde natürlich an jenem Ort aufgebaut, der sowohl Herzstück bürgerlicher Subjekthölle als auch Zufluchtstätte ist: die eigenen vier Wände. In der genuschelten Verlorenheit gelungener LoFi-Stücke vermittelt sich ein Eindruck der Widersprüche, die dieser Ort aushalten muss. Auf Dump-Platten ist Intimität immer nur gebrochen möglich. Sie weiß, dass sie sich nicht rückwärts aus der Entfremdung davonstehlen kann. Sie muss vielmehr gestaltet werden; nicht von ungefähr hieß der Höhepunkt des LoFi »Alien Lanes«. An die emotionale und ästhetische Dichte von Guided by Voices kommt Dump nicht heran, aber ein, zwei Stücke könnten doch als »Alien Lanes«-Outtakes durchgehen. Eines möchte James McNew jedenfalls klarstellen: LoFi war kein Anti-Pop, sondern ein Gegengift zum Alternative Rock, vielleicht also sogar so etwas wie: »Alternative Pop«. Das sagt bereits die Wahl der Coverversionen (u. a. »Moon River«). Zur Sicherheit hat McNew einen Text beigelegt, der die Wirkungsgeschichte von »Superpowerless« in einer Alternativwelterzählung rekapituliert: LoFi erobert die Charts und Madonna nimmt ein Jandek-Tribute-Album auf. Freundlicherweise hat mir Morr Music eine CD von Telekinesis dazugesteckt. Die wären auch gerne Dump, aber nicht um den Preis ihrer Nichtbeachtung. Also pressen sie ihre lauwarme Mischung aus Teenage Fanclub und einer Prise Hot Chip in eine handelsübliche, alternativradiotaugliche Produktion. Adornos Kulturindustriethese kann so praktisch erfahren werden: Schau an, sie schlägt tatsächlich alles mit Ähnlichkeit.

FRANK APUNKT SCHNEIDER

 

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Veröffentlichung
16.04.2013

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