Lucifer im Innsbrucker PMK © Andy Franzelin
Lucifer im Innsbrucker PMK © Andy Franzelin

Sympathiebekundung für den Teufel

Die Band Lucifer rund um Frontfrau und Bandköpfin Johanna Sadonis erwählte am Dienstag, dem 16. Oktober die unheiligen Hallen der Innsbrucker PMK für eines ihrer musikalisch-satanischen Rituale. Zahlreiche Menschen mit dunkler Kleidung und versteckten Joints pilgerten zum Düsterkonzert mit 1970s-Feeling.

Am Abend des 16. Oktober 2018 entert die Band Lucifer die Bühne des PMK in Innsbruck. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Publikums steht naturgemäß das Teufelsweib Sadonis. Kein Wunder, denn in den aktuellen Musikclips der Band reitet sie ein weißes Pferd graziös-feminin und fährt Motorrad wie der wildeste Kerl, den man sich nur irgendwie vorstellen kann. Dass sie all ihre Songs selbst schreibt oder mitschreibt und nicht nur als optischer Aufputz auf die Bühne gestellt wird, belegt, dass sie auch musikalisch alle Zügel in der Hand hält. Neuerdings geht ihr übrigens der legendäre Nicke Andersson (Entombed, The Hellacopters) zur Hand, sowohl in Sachen Liebe, Sex und Zärtlichkeit als auch in Sachen Songwriting und Gitarren- und Schlagzeugkunst. Alle Zutaten für einen schwarzmagischen Abend sind also grundsätzlich vorbereitet. Zudem wählt die Teufels-Apologetin Sadonis ein Oberteil, das sich als Illustration für die Begriffskonstruktion »tiefer Ausschnitt« hervorragend eignen würde. Eine Flasche Wein, schluckweise über den Konzertverlauf konsumiert, und ein überdimensionierter Ventilator komplettieren die Konzertzutaten. Mit Letzterem weht die lange Mähne von Johanna Sadonis, als ob sie sich gerade mitten in einen der berühmt-berüchtigten Innsbrucker Föhnstürme begeben hätte.

Sexyness und Selbstbewusstsein
Sowohl an den frühen Black Sabbath als auch an Okkult-Rockern wie Coven geschult, doomt und rifft man sich schließlich durch das Set – soundtechnisch für PMK-Verhältnisse trotz hoher Lautstärke überraschend transparent und ausdifferenziert. In der letzten Reihe kann man gar die Texte verstehen und muss nicht knietief durch den Soundsumpf waten. Die bemerkenswert kräftige, wenngleich nicht unbedingt wandlungsfähige Stimme von Sadonis kann sich so bestens entfalten und ihre bezirzend-betörende Wirkung voll entfalten. Zu der Sexyness auf rein optischer Ebene kommt durch ihre stimmliche Qualität eine bemerkenswerte Selbstsicherheit und Kompromisslosigkeit hinzu. Sadonis ist zweifellos eine Frau, die man besser nur aus der Ferne anhimmelt, nicht nur weil sie mit Nicke Andersson liiert ist, der im Fall des Falles wohl ein gewaltiges Wörtchen mitzureden hätte. Ebendieser verprügelt aber nicht etwaige aufdringliche Sadonis-Verehrer, denen Bier und Laszivität der Performance zu Kopf gestiegen sein könnten, sondern sein Schlagzeug. Das tut er auf meisterliche Weise, ungeachtet dessen, dass angesichts der Rock’n‘Roll-Ausrichtung nicht die komplexesten Rhythmen zum Einsatz kommen. Die Vehemenz und Konstanz, mit der er aber die sturen und hochgradig groovigen Riffs untermauert, ringen einem durchaus Bewunderung ab.

Als Highlight das Sets schält sich »Dreamer« heraus, das mit einem Mörder-Refrain auch Stunden später nicht als Ohrwurm kapitulieren will. Das restliche Konzert lässt sich positiv formuliert als homogen, mit einem etwas kritischeren Blick hingegen als überraschungsarm bezeichnen. Dass die Riffs tatsächlich erste Sahne sind, ändert nichts daran, dass man sie nicht zum ersten Mal hört und dass allein die Begeisterung für die Sache ihnen nicht immer die notwendige Frische zurückgeben kann. Auch bei so mancher Melodieführung verschwimmt die Grenze zwischen gut gemeint und gut gemacht doch auf bedenkliche Weise. Schließlich generiert man Intensität und Eingängigkeit nicht immer unbedingt dadurch, dass man die Codes und Konventionen einhält, die Eingängigkeit und Intensität versprechen. Von der musikalisch-melodischen Brillanz von Ghost, einer Band, die man durchaus als »Konkurrenz« von Lucifer ansehen könnte, sind Lucifer doch noch ein höllisches Stückchen entfernt. Womöglich würde aber ein letztes Hineinkippen in die sehr wohl spaßmachende und hochgradig unterhaltsame Musik von Lucifer auch mit der Hilfe von einem Joint gelingen. Im Publikum werden zumindest drei Personen gesehen, die sich gänzlich ungeniert lustig riechende Zigaretten anzünden und wenig später, an dezentem Headbangen erkennbar, überaus Gefallen an Musik und Bühnenspektakel zu finden scheinen.

Link: https://www.facebook.com/luciferofficial/

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Text
Markus Stegmayr

Veröffentlichung
20.10.2018

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