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N.I.M.B., Spies Boys

Neiro, Cold Wave

NN Records

Diese beiden Projekte sind Ableger der umtriebigen Moskauer Soundartists Synusoid, DJ Kolombo und NN Kikkoman, die die volle Bandbreite dieser Betreiber des NN Rec.-Labels nicht besser dokumentieren könnten. Auf dem 1999 gegründeten Label NN Rec. wird Musik veröffentlicht, die sich der Klangforschung und der abstrakten Electronica zuwenden, ohne bei all dem Experimentieren auf »Pop«-Verträglichkeit und interdisziplinäre Ästhetik-Arbeit zu vergessen. So sind N.I.M.B. genauso wie Spies Boys perfekt geübt im Repertoire zwischen Jazz, Electronica und Noise. N.I.M.B. ist ein verhaltenes Spiel mit den pointilierten Schönheiten des reinen Klangs, eingefasst in ein ambientöses Setting. In Track #5 klingt die Stimme von Michael Ikhos so weit weg, als käme sie aus einer Sojus-Kapsel. Meditative Elemente sind auch zu finden: Es geht auf zu einem Trip in die innerrussische Landschaft = in das innere Selbst. Dazu werden traditionelle Trommel-Patterns mit Flöten und Elektronik verschalten, die sich zu einem harmonisierenden Ganzen zusammentun (»Taliban«).
Die Spies Boys (www.spiesboys.lanit.ru) arbeiten auf Improvisationsbasis nur mit Keyboards und Drums und leiten daraus Klanglandschaften ab, die zwischen zurückgenommener Expressivität und der schieren Lust am Experiment hin- und herlavieren. Die Tracks »Roof Of A ‚Ton Hotel« und »Pink Fluid« bringt es wahrscheinlich auf den Punkt: Am Beginn der Nummer wartet man in Melvins-Manier darauf, dass etwas passiert. Wenn dann im zweiten Drittel die Drums loslegen, wird schnell klar, dass sie eigentlich Ausbremser denn Beschleuniger sind und die elektronischen Sounds gleichzeitig nach vorne preschen. Oder doch umgekehrt? N.I.M.B. und Spies Boys kümmern sich nicht darum, dass im Westen der Elektronik das Label »kalt« untergejubelt wird: Die elektronische Musik wird zu Polaroids von inneren und äußeren Landschaftsimpressionen, die mit den komplexen Rhythmussequenzen Bilder voll von Melancholie, Heiterkeit, Raserei und Konzentration heraufbeschwören. Zwei absolut kompakte Scheiben, die die Latte für westliche Produktionen in fast unerreichbare Höhen schiebt.

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Text
Heinrich Deisl

Veröffentlichung
02.01.2003

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