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La Passe: U

»U«, der 21. Buchstabe im Alphabet und der in der deutschen Sprache am zehnthäufigsten verwendete. Mit »U« lassen sich als Präfix jede Menge Dinge anstellen, vgl. dazu: »über-«, »unter-«, »ultra-« und seine österreichische Entsprechung »ur-«. »U« kann mit »un-« so ziemlich alles recht unsympathisch machen. Im Englischen, als Chat- und Email-Akronym von »you« verwendet, ist »u« dagegen schwer beliebt. Aber richtig fatal wird es mit »und«, einem Bindewort, das nur die Faulheit zur präzisen Satzbildung ausdrückt und das Auf-den-Punkt-bringen hinauszögert. Würde man sich die Geschichte des »U« zu Herzen nehmen, müsste man auch über das »V« schreiben. Aber dafür gibt es die nächste skug-Ausgabe.

U-Boot Woher kommt die popkulturelle Faszination für diese schwimmenden Konservenbüchsen? Weil sie immer schon technisch-militärischer Status quo waren? Weil sie Raumschiffen so sehr ähneln? Ob bei »Yellow Submarine«, Thomas Meineckes »Hellblau« oder bei Drexciya: U-Boote als Kommunikationspeilsender in die mystischen Regionen abyssaler Tiefen. Tipp: Hören Sie sich beim Lesen von Frank Schätzings »Der Schwarm« »Azoic Zone« von Francisco López an. Der Meeresraum, unendliche Weiten ??
 
(Roi) Ubu »Merdre!« kann man da nur sagen. Alfred Jarrys Dramolett um einen dekadenten König machte 1896 Theatergeschichte und den damals 23-Jährigen mit einem Schlag berühmt, oder besser, berüchtigt. Dada, Surrealismus, Artaud, ‚Pataphysik, Plunderphonics, Nurse With Wound und wie sie alle hei&szligen: Groteske Hinterfotzigkeit mit Stil und Verve. Pflichtprogramm.
 
Pere Ubu ?ber diese 1974 gegründete Band aus Cleveland muss man nicht mehr schreiben als: Kaufen Sie ihre Platten, alle.
 
U.F.O. Britische Kult-Sci-Fi-TV-Serie aus den grellen 1970s (Wir sagen nur: Violette Perücken!), eine »verschollene« Nummer von Sun Ra und bester Nährboden für Verschwörungstheorien. Ich persönlich favorisiere ja die »Abductees Anonymus« (AA), eine Selbsthilfegruppe für Personen, die von Au&szligerirdischen entführt oder sexuell belästigt worden sind; nach Robert A. Wilson, die AA zitierend, ist eines der Anzeichen hierfür, dass man »mit wunden Genitalien aufwacht, wofür man keine Erklärung finden kann«. Derartiges hat also nichts mit Taschenbillard zu tun.
 
Lt. Uhura »Star Trek«, originale Folgen. Nichelle Nicols war ab 1966 als Kommunikationsoffizier die einzige Frau der Kerncrew. Als es zum ersten Mal in der Fernsehgeschichte zu einem Kuss zwischen einer Afroamerikanerin und einem Wei&szligen (Cpt. Kirk) kam, stellte das im prüden Amerika einen handfesten Skandal dar. 1992 wurde Nicols in der Hall of Fame verewigt. Neben Sun Ra und George »Dr. Funkenstein« Clinton die wohl wichtigste Inspirationsfigur für afroamerikanische Astronauten. Als unbedarfter Teenager war Lt. Uhura für mich eine der ersten – Sie wissen schon.

Liesl Ujvary Eine der wenigen (österreichischen) Frauen, die elektroakustische Musik veröffentlicht. Vor allem als Literatin angesehen, hat Ujvary zahlreiche radiophone und experimentalelektronische Werke veröffentlicht, die sich mit dem Verhältnis zwischen Klang, Biologie, Sprache und Technik beschäftigen. http://ujvary.mur.at

Ukulele Kleine, viersaitige Schwester der Gitarre. Als die Portugiesen 1879 auf Hawaii landeten, spielten sie einige ihrer Volksweisen mit der »braguinha« auf. Beeindruckt vom schnellen Fingerspiel, nannten die Hawaiianer dieses Instrument Ukulele, was in der Landessprache »hüpfender Floh« bedeutet. Mit Slide gespielt, steht der Ukulelesound sinnbildlich für Tiki, Lounge und Südseeträume. Noch hei&szliger: Marilyn Monroe als Ukulelespielerin Sugar in »Some Like It Hot«.

»In Ulm, und um Ulm, und um Ulm herum« Ein beliebter Zungenbrecher, auch in Üsterreich. Für mehr Lokalkolorit siehe: »Da Ober hat’s B’steck z’spat b’stellt«. In Ulm wurde 1953 auch die Hochschule für Gestaltung gegründet, das dortige Siemensstudio war das erste Elektronikstudio überhaupt, das mit Vocodern experimentierte. Die Space-Sounds von »Raumpatrouille Orion« stammen von hier. Ausgerechnet 1968 wurde es geschlossen, weil zu sehr Avantgarde. Schauen Sie sich »Speicher« an, eine Installation plus Video von Michaela Melián zur Geschichte des Siemensstudios.

Edgar G. Ulmer »King of B-Movies«, »Minorities Director«: Üsterreichisch-ungarischer Bühnenbildner und Regisseur mit ausgeprägtem Hang zu sozialen und schaurigen Themen in atmosphärisch dichter Sprache. Ersetzte bei »The Black Cat« (1934) gotische Gruselarchitektur durch kalte Bauhausästhetik. Bekannter von Hedy Lamarr, Bela Lugosi, F.W. Murnau und Billy Wilder, Visionär des Film noir, der Filme in jiddisch und ukrainisch drehte. Popkultureller Säulenheiliger.

James »Blood« Ulmer US-Jazz-Gitarrist. Auch einer von der etwas verqueren Sorte mit jeder Menge spröder, verzogener Sounds. So etwas kann als Schüler von Ornette Coleman schon mal passieren. Elektrifizierte Blues- und Funkabstraktionen für John Zorn, Pharao Sanders, Bill Laswell oder Vernon Reid. Ewiges Motto: »Jazz Is The Teacher/Funk Is The Preacher«.

Umek Einer der prägenden DJs und Technoproduzenten Sloweniens. Remixe für Speedy J und Depeche Mode, Co-Produzent bei »WAT« (2003) von Laibach.

Underground Feinspitze nennen sie »Metro«. Wenn Sie in einer Londoner U-Bahn gefahren sind, kennen Sie die Lautsprecheransage: »Mind the gap!«. Aber dieser gap zwischen Underground- und Mainstreamkultur hat sich in den 1990ern mindestens nivelliert. Oder haben Sie ernsthaft angenommen, dass Sie in einem Magazin, das seit 19 Jahren »Underground« im Titel trägt, an dieser Stelle eine zusammenfassende soziologische Exegese dazu zu bekommen? In diesem Zusammenhang ist auch auf das problematische/spannende Verhältnis zwischen Underground und urban hinzuweisen. Wenn Sie bei »Underground« nicht an U-Bahn-Kontrolleure, sondern an eine bestimmte kulturelle Ausprägung denken, sollten Sie skug abonnieren. U-Bahn müsste gratis sein, Underground nicht.

Underground Resistance Musikalisch (Motown) und sozial schwerst geschätztes Label aus Detroit, verantwortlich für einige der besten Technoproduktionen überhaupt. Jede Maxi ein Manifest, mindestens!

Underworld/Ultraviolence/Ultravox/»Ultravixens«/Undertones Da haben Sie’s mit den Drüber- oder Drunternamen. Rave, Gabba, Wave, Rock, egal. Russ Meyers Film von 1979 und seine Fortsetzungen sind ja auch, was bestimmte Körperma&szlige der Schauspielerinnen angeht, alles andere als Mittelma&szlig.

»United« Nennen wir es ein Liebeslied von Throbbing Gristle. Oder zumindest ihre Version darüber, wie sich ein wie auch immer geartetes Zusammenleben ausgehen könnte. Pop (»La la la«) und Crowley (»Love is the law«) in einer durchaus romantischen Prä-Electro-Tanznummer, die, typisch TG, schwerst ambivalent daherkommt.

Unique II Der austriakische Beitrag zum Euro-Dance, »Break My Stride« war 1996 international ein ziemlicher Achtungserfolg. Nun hatte man auch hier ein Projekt wie Technotronic oder Milli Vanilli. Lichtjahre entfernt von subversiven Bands wie Edelwei&szlig oder den Bingo Boys.

Uriah Heep Neben Deep Purple und Led Zeppelin die kommerziell wohl erfolgreichste britische Hardrockband der mittleren 1970er Jahre. 1987 spielten sie als eine der ersten gro&szligen westlichen Bands in Moskau. In der Geschichte der Band tauchen Mitglieder von Black Sabbath, King Crimson und Manfred Mann am Synthesizer (»July Morning«) auf. Erinnern wir uns an »Lady In Black«. Heute benennen sich Bands nach Charakteren aus dem »Herr der Ringe«, damals tat es Dickens‘ »David Copperfield«.

U-Roy »The godfather of toasting«: Ewart Beckford war DJ und MC bei den allerersten jamaikanischen Soundsystemen und sang für so ziemlich alle prominenten Dub-Produzenten wie King Tubby, Duke Reid, Lee »Scratch« Perry und Bunny Lee. Nach wie vor ein genialer Geschichtenerzähler, die Personifikation des signifyin‘ monkey.

The United States of America (Band) Eine Gruppe aus New York, die mit ihrer gleichnamigen und einzigen Platte 1968 politische Psychedelic Music mit kosmischen Soundexperimenten mischte. Bis zur Wiederentdeckung von The Silver Apples allein auf weiter Flur.

Vladimir Ussachevski Ein im deutschen Sprachraum leider viel zu wenig beachteter Tonband-Komponist und Zeitgenosse von John Cage. Zwischen 1935 und 1965 verfasste der russisch-amerikanische Spezialist für synthetische Musik ein gutes Dutzend Werke. Seine theoretischen ?berlegungen zur elektronischen Musik führten die Musique Concrète weiter und bereiteten den Boden für Sampling. Einer seiner Schüler war ein gewisser Robert Moog.

Ustaša Kroatische faschistische Unabhängigkeitsbewegung. Ante Paveli? und seine Ustaša-Rebellen operierten vom Italien Mussolinis aus für ein eigenständiges Kroatien – Nezavisna Država Hrvatska -, das von1941-1945 existierte. Völkermord und Terror durch die Ustaša-Miliz kennzeichneten diesen Marionettenstaat, ihre »Schwarze Legion« (Crna Legija) hat in einschlägigen Kreisen einen ähnlich mystisch verklärten Ruf wie die Waffen-SS. Durch den Jugoslawienkrieg kam es zum erneuten Aufflammen des kroatischen Nationalstolzes und dem Erstarken der Ustaša.

Peter Ustinov Ganz klar, der distinguierte Detektiv Hercule Poirot aus den Agatha-Christie-Verfilmungen, der grö&szligenwahnsinnige Kaiser Nero aus »Quo vadis?«, der sadistische Stallmeister in »Lola Montez« und der »Millionendieb« (in einem der ersten Filme über Computerkriminalität), oft gebuchter Synchronsprecher. Vom durchtriebenen Bösewicht zur Personifikation des Gerechten, der gute Onkel sozusagen. Dazu ein Allrounder als TV-Produzent, Theaterkolumnist, Talkshow-Moderator und Sonderbotschafter der UNESCO. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis seine Biografie verfilmt wird.

Home / Kultur / La Passe

Text
Heinrich Deisl

Veröffentlichung
06.08.2011

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