Zu den Veröffentlichungen von Ganna Gnedkova zählen u. a. Übersetzungen von Nora Krug (»Heimat« – Deutsch/Ukrainisch) und der gemeinsam mit ihrem Ehemann Peter Marius Huemer übersetzte, als Meisterwerk geltende Roman »Das Mädchen mit dem Bären« von W. Domontowytsch (Ukrainisch/Deutsch). Auch vom Englischen ins Ukrainische hat Ganna Gnedkova zahlreiche Bücher übersetzt, z. B. »Frankenstein« von Mary Shelley und »The Age of Innocence« von Edith Wharton. Momentan arbeitet sie an der Übersetzung von Saša Stanišićs »Herkunft« ins Ukrainische. Literarisch ist sie aber nicht nur im Bereich der Übersetzung tätig, sondern auch als Schriftstellerin. Im Jahr 2020 gewann ihr erster eigener Text »Mein Name sei G.« den Exil-Literaturpreis für Lyrik. 2022 erhielt sie das Raniser Debüt-Stipendium und schreibt an der Erzählsammlung mit dem Arbeitstitel »Das Kind und der Tod«. Ihre Verbindung zur umkämpften Heimat ist eng, und trotz der relativ großen Distanz kämpft sie ohne Pause für ihr Land und fungiert als wichtige Vermittlerin zwischen der ukrainischen Community in Österreich und den in der Ukraine Verbliebenen. Ein skug-Gespräch mit der ukrainischen Intellektuellen Ganna Gnedkova.
skug: Ganna, du stammst aus Kyjiw und lebst seit 2015 in Wien. Wie geht es dir zurzeit, wie sieht dein Alltag aus?
Ganne Gnedkova: Dieses Interview gebe ich dir, während ich in Berlin bin, also erzähle ich dir, bei welchen Gedanken ich mich seit Neuestem immer wieder in dieser Stadt ertappe. Der allererste, der mir in den Sinn kam, als ich am Hauptbahnhof eintraf: »Zu viele Glasscheiben. Nicht sicher im Fall eines Luftangriffes.« Ähnliche Gedanken kamen, als ich mir das Gebäude anschaute, in dem sich das neue Büro des Suhrkamp Verlags befindet: »Zu viele Fenster. Sehr unpraktisch bei einer Bombardierung.« Der Kriegszustand normalisiert sich bei mir mittlerweile dermaßen, dass ich auf Mamas Frage: »Wie ist es in Berlin?« die folgende Antwort gab: »Friedlich bis ins Unnatürliche.« Als wäre Frieden nicht mehr natürlich. Das schockiert mich. Den Anfang der groß angelegten russischen Invasion erlebte ich ja nicht in Kyjiw, sondern in Wien. Aber mein Körper schläft kaum, isst kaum (mir wird übel), meine Gedanken drehen sich um mein Land. Mein Körper ist im Überlebensmodus, obwohl ich physisch nicht in einer der ukrainischen Städte bin, die unter Beschuss stehen. Was fühlen da meine Landsleute, die das physisch erleben müssen?
Wann warst du selbst zuletzt in deiner Heimat? Wie war es da für dich?
In die Ukraine fahre ich meistens nur einmal im Jahr, im September, denn in diesem Monat konzentrieren sich sehr kompakt viele für mich als Autorin und Übersetzerin wichtige Veranstaltungen: Die Buchmesse BookForum in Lemberg/Lwiw, das Literaturfestival »Meridian Czernowitz« in Tscherniwzi/Tschernowitz, das Festival für Übersetzer*innen »Translatorium« in Chmelnyzkyj. Und da bin ich als Autorin und Übersetzerin immer gerne dabei. Voriges Jahr, im September 2021, als ich zum letzten Mal in meiner Heimat war, hat PEN Ukraine in Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Buchinstitut ein neues Literaturfestival gegründet: »Propysy«. Für junge Autor*innen, die erst zu schreiben anfangen. Es gab da Werkstätten, Lesungen, Vorträge berühmter Schriftsteller*innen aus dem ganzen Land, die auf Augenhöhe mit uns geredet haben. Das Festival hat in Iwano-Frankiwsk stattgefunden, in einer ehemaligen Fabrik, die von außen eher unspektakulär aussieht. Dafür hat man aus ihren Innenräumen sehr schöne moderne Seminarräume und ein Restaurant gemacht. Dieses enthusiastische Renovierungsprojekt heißt »»Promprylad. The Renovation changing Ivano-Frankivsk«. Man kann sich eine mit deutschen Untertiteln versehene Reportage über dieses Projekt auf dem YouTube Kanal »Ukraїner« anschauen. Um Iwano-Frankiwsk zu erreichen, musste ich am Mittag nach der Arbeit im Büro in Wien ein Taxi zum Flughafen nehmen, dann ein Flugzeug nach Kyjiw und weiter einen Nachtzug nach Iwano-Frankiwsk. Ich habe meine Eltern nur kurz beim Umsteigen in Kyjiw gesehen. Ich habe gehofft, dass sie mich bald, eigentlich zum ersten Mal seit sieben Jahren, in Wien besuchen kommen. Diese Erinnerungen, diese Hoffnungen sind wie aus einer anderen Welt. Und es schmerzt mich zu denken, dass ich die Welt, die ich dir jetzt beschreibe, die Städte, die ich jetzt erwähne, nie wieder so erleben werde wie vor der russischen Invasion. Das ist für immer verlorengegangen.
Wie geht es deiner Familie und deinen Freund*innen?
Diese Frage stellt man mir oft, aber, wie ich gerade gesagt habe, kann ich diese Frage sogar mir selber nicht so zufriedenstellend beantworten. Meine Eltern schreiben mir zweimal am Tag, morgens und abends, kurz zurück, dass sie noch leben. Dass sie mich lieben. Dass sie mich umarmen. Eine Freundin aus Tschernihiw hat sich vier Tage lang nicht gemeldet, und ich habe sie auf der Liste der 14 Leute gesucht, die die Russen in einer Warteschlange für Brot erschossen haben. Heute hat sie mir geschrieben: Die Stadt ist umzingelt, ohne Strom, ohne Heizung, ohne Nahrung. Heute haben die Russen die letzte Brücke zerstört, die man benutzen könnte, um sie zu evakuieren. Aber sie lebt. Und sie hat jetzt »neue Haustiere«: Einen Hund und vier Katzen, die sich in ihrem Luftschutzkeller verstecken, während die Stadt weiter bombardiert wird. Ich versuche, das als gute Nachricht zu lesen.
Und sie wollen oder können das Land nicht verlassen?
Diejenigen, deren Städte von den Russen umzingelt sind, wie diese Freundin in Tschernihiw, können das nicht. Aber die meisten wollen das nicht. Sie glauben, dass sie vor Ort nützlicher sind. Sie wollen für ihr Land kämpfen. Die Ukrainer*innen sind jetzt voller Wut – natürlich. Und sie wollen diese Wut produktiv in den Kampf umsetzen. Zugleich sind wir voller Liebe: Zu unseren Menschen, die sich waffenlos vor die russischen Panzer werfen, zu unseren Tieren, die wir trotz allem zu retten versuchen, zu unseren Wohnungen und unseren sorgfältig gesammelten Hausbibliotheken, zu unseren Städten, sogar zu denjenigen, die wir noch nicht erkundet haben. Und die wir nicht mehr so erleben werden wie vor der Invasion. Wir verteidigen unser Land, und das ist unser gutes Recht. Das ist das, was uns alle vereint. Das ist unsere Superkraft. Wofür die Russen kämpfen, wissen sie selber nicht. Ihr Narrativ ist löchrig. Sie verwechseln Patriotismus mit Imperialismus.
Sprichst du mit jungen Russ*innen über den Krieg?
Nein. Nicht mehr. 2014 habe ich mich in viele Internet-Bataillen eingemischt, um etwas zu erklären, aber die meisten Russ*innen haben auf die Annexion der Krym/Krim mit Euphorie reagiert. Das, obwohl sie durchaus Zugang zum Internet, zu alternativen russischen und westlichen Medien hatten. Nach acht Jahren haben jene Russ*innen, die das kritische Denken noch nicht verlernt haben, bereits alles verstanden und gegen Putin protestiert – ohne Erfolg, denn sie sind in der Minderheit. Manche wurden inhaftiert. Manche leben jetzt im Exil. Boris Nemzow wurde bekanntlich umgebracht. Für so etwas wie unsere ukrainische Euromaidan Revolution braucht man den Mut, für seine Freiheit einzustehen, zu kämpfen und wenn nötig zu sterben. Und man braucht eindeutig viel mehr freidenkende Menschen, als es in Russland heute gibt. Laut beiden neuesten Umfragen, sowohl einer unabhängigen als auch einer staatlichen, so »The Washington Post« am 8. März 2022, wird Putins Invasion in die Ukraine von der Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor unterstützt. Das ist nicht nur Putins Krieg. Die Zivilbevölkerung und die Soldaten tragen auch ihre Schuld und treffen ebenso ihre Entscheidungen für den Krieg oder dagegen.
Vielleicht bewirken die Sanktionen etwas …
In jene, die erst jetzt, acht Jahre später, nachdem härtere Sanktionen verhängt wurden, plötzlich erwachen, setze ich nicht viel Hoffnung. Die meisten wurden aus ihrer Komfortzone geworfen und wollen einfach schnellstmöglich in diese zurückkehren. #NoWar ist nicht gleich #StopPutin. Sie rufen nicht zu Protesten auf, sie wollen nur weg in die Länder, in denen sie ihren verlorenen Komfort wiederfinden können. Es ist wichtig, dass sie etwas zu begreifen beginnen, aber vom Bewusstsein ihrer kollektiven Schuld sind sie noch weit entfernt.
Hast du in Wien russische Freund*innen?
In Österreich habe ich mehrere Freundinnen, die schon seit Jahren nicht mehr in Russland wohnen. Aus unseren früheren Gesprächen konnte ich schließen, dass sie Putins Politik nicht unterstützen. Aber seit dem 24. Februar schreibt mir keine von ihnen mehr. Eine Freundin habe ich gefragt, warum sie mich nicht einmal fragt, wie es meinen Eltern geht. Sie meinte, es sei ihr peinlich, mit mir zu reden, denn sie weiß, wie ich leide. Für mich ist aber das Schweigen das peinlichste, das unerträglichste. Ich versuche, mich daran zu erinnern und mich davon zu überzeugen, dass dieses vorsichtige Schweigen von ihnen keine schweigende Zustimmung mit der Politik Putins ist. Aber Schweigen ist Schweigen. Bitte fragt mich zumindest, wie ihr helfen könnt. Ich verspreche, mehr Verständnis dafür zu haben als für das Schweigen.
Hast du Nahestehende, die zur Waffe greifen? Wie geht es dir und denen damit?
Von den mir am nächsten Stehenden niemand. Der feste Freund einer ehemaligen Uni-Kollegin, ein Verleger, dessen Bücher ich gerne kaufe … Aber heutzutage stehen mir alle Landsleute nahe. Der Krieg betrifft uns alle, es geht uns alle an. Und von uns allen hängt es ab, wie dieser Krieg verläuft und wie er endet. Überhaupt stellt mein Heimatland ein gigantisches Netz dar. Die Armee besteht aus Männern und Frauen. Dazu kommen noch über 100.000 Zivilist*innen, die ihr Land auch mit der Waffe in der Hand verteidigen, sie nennen sich »Territorialschutz«. Es gibt Freiwillige, die Tarnnetze fertigen, Freiwillige, die Medikamente besorgen, Freiwillige mit Autos, die Leute aus den gefährlichsten Gebieten evakuieren, ohne auf die trügerischen »Korridore« zu warten – trügerisch sind sie, weil russische Soldaten sehr gerne auf diese Korridore schießen. Am liebsten, wenn am Auto das Schild »Kinder«, für sie groß auf Russisch geschrieben, steht. Es gibt Freiwillige, die das Unmögliche tun und Munition im Ausland kaufen und in die Ukraine bis zur Frontlinie transportieren. Es gibt Psychotherapeut*innen, die 24/7 kostenlose psychologische Hilfe online anbieten. Es gibt Schriftsteller*innen, die Online- und Offline-Lesungen für Kinder in ihren Luftschutzkellern veranstalten. Die westliche Ukraine nimmt viele Schutzsuchende auf, obwohl keine Stadt der Ukraine eigentlich sicher ist. Es gibt Freiwillige, die Warenyky (gefüllte Teigtaschen) für unsere Soldaten machen. Unsere Medien arbeiten weiter, sie führen den Informationskrieg gegen Russland. Man denkt sich immer kreativere Wege aus, um sein Potenzial am besten zu nutzen und zu helfen. Außerdem spenden wir alle für die ukrainische Armee. Ich bin sehr dankbar für all die Hilfe, die man unseren Geflüchteten anbietet. Aber ich rufe alle in Europa und den USA auf, auch für unsere Armee zu spenden, mit einem logischen Argument: Je schneller der Krieg beendet ist, desto schneller endet auch die Welle der Geflüchteten, die ihr Zuhause verloren haben und Unterkünfte, Nahrung, Medikamente und Arbeitsplätze im Ausland brauchen. Um den Krieg schneller zu beenden, braucht die Ukraine eine starke aufgerüstete Armee.
Wie arbeiten die Ukrainer*innen im Ausland zusammen?
Auch im Ausland versuchen wir uns zu organisieren. Das ist nicht immer leicht, weil wir alle helfen möchten. Es gab anfangs viel Chaos, sehr viele Ideen, es gab kein System und jede*r war für alles zuständig. Heute gibt es zentralisierte Informationen für unsere Geflüchteten und für unsere ausländischen Helfer*innen. Es gibt das Medienzentrum der ukrainischen Community in Wien, dessen Ansprechperson ich bin. Mit Interviews (mit uns, mit Geflüchteten, mit ukrainischen Expert*innen), Artikeln, Essays und sogar literarischen Texten auf Deutsch, Englisch und natürlich Ukrainisch stehen wir gerne jederzeit zur Verfügung.
Wie ist die Reaktion ukrainischer Intellektueller auf die Situation?
Auch sie sind sehr aktiv in ukrainischen und ausländischen Medien, sie machen auch englischsprachige Podcasts. Ich kann gerne den Podcast »Explaining Ukraine« empfehlen, den meine ehemaligen Universitätsprofessor*innen der Kyjiw-Mohyla Akademie Tetyana Ogarkova und Volodymyr Yermolenko machen. Es gibt schon ca. 80 Episoden.
Nicht nur die EU hat Russland offenbar vollkommen falsch eingeschätzt. Wie sah das in der Ukraine aus?
Dass Putin nicht mit Diplomatie aufzuhalten ist, war uns klar. Dass die Sanktionen allein ihn nicht aufhalten, war uns nach der russischen Okkupation der Halbinsel Krym/Krim 2014 klar. Dass wir uns im Fall eines bewaffneten Angriffs auch mit Waffen verteidigen werden (müssen), war uns nach der sogenannten Antiterroristischen Operation im Osten der Ukraine kristallklar. Ängstlich haben wir auf einen weiteren Angriff gewartet, aber dass Russland das Land sowohl im Osten als auch im Westen bombardiert, konnten nur wenige von uns vorhersehen.
Krieg herrschte in der Ukraine schon seit Langem. Inwieweit war die Ukraine darauf vorbereitet – gesellschaftlich und militärisch?
2014 war niemand auf den Krieg vorbereitet. Russland hat systematisch dafür gesorgt, dass die Ukraine zur Zeit der Invasion auf der Krym/Krim keine aufgerüstete funktionierende Armee hat. Aus acht Jahren haben wir viel gelernt. Aber leider kann man noch lange nicht behaupten, dass unsere Armee auf so einen Angriff entsprechend vorbereitet und vom Staat gefördert wurde. Damals wie heute braucht man Aufrüstung, und diese Aufrüstung wird oft von den Freiwilligen besorgt, die sich inzwischen besser auskennen und wissen, was man kaufen kann und wo, wie viel das kostet. 2014 waren wir militärisch noch nicht so gut organisiert. Und gesellschaftlich noch nicht so gut vereint.
Welche Faktoren spielen deiner Meinung nach bei diesem neuen Zusammenhalt eine Rolle?
Ich hätte gerne gesagt, dass wir aus der langen Geschichte unseres Verhältnisses mit Russland endlich gelernt haben. Aber erst nach dem Ende des Krieges, wenn das »normale« Leben zurückkehrt, werden wir sehen, ob das stimmt. Eher haben wir aus der unmittelbaren Erfahrung der letzten acht Jahre eine Lehre gezogen. Die EU handelt jetzt auch vereinter als zuvor – sie zögert noch viel, weil sie der Gefahr für sich selbst erst jetzt bewusst geworden ist. Erst jetzt beginnt man zu glauben, dass alle Kriege, die Russland bisher in den Nachbarländern geführt hat, keine »Konflikte« gewesen sind, sondern Kriege, und dass Russland aufgehalten werden muss. Einen gemeinsamen Feind zu haben, der eindeutig ein Feind ist, ist mobilisierend. Die Todesgefahr hilft, eine klare Prioritätensetzung zu finden und sich auf nur eine Mission zu konzentrieren. Das, was uns Ukrainer*innen vor der Invasion getrennt hat, ist jetzt im Antlitz des Todes kaum noch von Bedeutung. Alles ist schwarz und weiß. Wichtig ist nur, auf welcher Seite der Front man steht.
Wieweit voneinander entfernt sind Russland und die Ukraine? Was trennt sie voneinander, was verbindet sie am Ende wieder? Was macht das Besondere der Ukraine für dich aus?
Heute mehr entfernt denn je. Man redet oft von der »gemeinsamen Geschichte« von Russland und der Ukraine. Täuscht euch nicht. Es gab keine. In der Geschichte unserer Länder findet man kaum Beweise brüderlicher Liebe zweier Nachbarn. Die Geschichte ist das, was uns voneinander trennt. Das ist die Geschichte des Imperiums und des gewaltsam kolonisierten Territoriums. Diese Politik wurde auf allen Ebenen durchgeführt. Nehmen wir das 20. Jahrhundert: Sprachverbot 1914, organisierte Hungersnot 1932–1933 (4,5 Millionen Tote), Repressionen gegen die ukrainische intellektuelle Elite und deren Massenhinrichtung (die sogenannte Erschossene Wiedergeburt), die verschwiegene Katastrophe in Tschornobyl/Tschernobyl … Ich zähle nur das auf, was man in Europa kennen könnte – oder sollte. Ich glaube, was uns auszeichnet, ist, dass wir bereits immun gegen russische Lügen geworden sind.
Ich schätze, im Ausland kennt man sich wenig aus mit der Geschichte des Landes …
Im Westen gibt es noch Raum und Markt für diese Lügen, meint Timothy Snyder in seiner alten Rede, auf die ich vor Kurzem erneut gestoßen bin. Manche »klugen Köpfe« schlagen uns vor, uns im Namen des Friedens zu ergeben. Wir sehen deutlich an den Bombardierungen der Theater, Geburtskliniken und Krankenhäuser, dass Russlands Krieg gegen uns ein Völkermord ist. Wir wissen aus der sogenannten »gemeinsamen« Geschichte, dass die Kapitulation der Ukraine ein Völkerselbstmord wäre. Ich hätte einen Gegenvorschlag: Hört uns zu. Wir sind unmittelbare Nachbarn eines Mörders. Wir sind Zeugen und Opfer seiner Gräueltaten. Wir sind diejenigen, die er trotz aller dieser Taten seit Jahrhunderten nicht besiegen und nicht zum Schweigen bringen kann. Also hört uns endlich zu.