Joost Dijkema, Twin Dimension Records
Joost Dijkema

»After Thunder Sun«

Twin Dimension Records

Joost Dijkema ist ein niederländischer Singer-Songwriter und ich hoffe doch sehr, dass ihm das in puncto Aufmerksamkeit nicht zum Verhängnis wird. Musikalisch-geographisch gehört er nämlich in andere Landstriche, ins nördliche England etwa, in die Nachbarschaft von Michael Chapman und Roy Harper oder Richard Thompson. Will sagen, der Folkrock, den Joost Dijkema auf seinem dritten Album präsentiert, steht unzweifelhaft in den großen Schuhen der genannten Musiker. Aber – um im sprachlichen Bild zu bleiben – er fällt bei seinen Gehversuchen darin nicht auf die Nase. Im Gegenteil, ein Song wie »Shards of Love« klingt wie ein Outtake der »Fully Qualified Survivor«-Sessions und ganz allgemein gesprochen zeichnet »After Thunder Sun« eben jene Atmosphäre aus, die auch viele Singer-Songwriter-Alben der 1970er-Jahre prägt; dieser sonnengegerbte, mittelschwer (Drogen-)vernebelte, in die Jahre gekommene, abgehangene und leicht überreife Spät-Hippie/Outlaw-Cowboy-Vibe. Alben wie das bereits genannte »Fully Qualified Survivor« von Chapman, Harpers »Valentine« oder Thompsons »Henry, The Human Fly« und auf amerikanischer Seite gibt es ebenfalls ungezählte ähnliche, halb oder ganz vergessene Veröffentlichungen. In der Sache geht es immer um Arbeiten, die von Musikern eingespielt wurden, die nie im hellsten Rampenlicht standen, aber von den Superstars ihrer Zeit geschätzt und hofiert wurden. Musician’s Musicians. Seit einigen Jahren erlebt diese Musik eine gewisse Renaissance und wird auf Nischen-Labels wie Paradise of Bachelors oder Scissor Tail Records wiederveröffentlicht. Zeitgenössische Musiker wie Steve Gunn, Ryley Walker oder Kurt Vile haben den angedeuteten Kanon allesamt drauf. Und da tummelt sich eben auch Joost Dijkema mit seiner jüngsten Veröffentlichung, die sich in dieses Revival bzw. diese Tradition einreiht. Unverdrossen wird am Folk-/Blues-Kontinuum weiter- und am Zeitgeist vorbeigestrickt. Ästhetisch haben sich hier die Parameter seit gut 50 Jahren nicht verschoben und warum auch? Solange dabei Instrumentalstücke wie »Vic’s Raga«, »Let It Rain (Like It Used To Rain)« oder der verträumte Westcoast-Psychedelia Rausschmeißer »The Chap From Wrytree« abfallen, muss an der altbewährten Rezeptur nichts geändert werden. »After Thunder Sun« ist ein Album, das um die lange Ahnenreihe, in der es steht, weiß, sie selbstbewusst ergänzt und in die Gegenwart hineinholt.  

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