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Festivaltagebuch – 15.10.2004 / Tag 0

Das Festivaltagebuch. Der tägliche Viennale-Guide! skug präsentiert Vorabkritiken, Shortcuts und Veranstaltungstipps.

Überblicksprogramm - Veranstaltungen - Eröffnungsfilm

Es ist wieder soweit. Endlich. Ein Jahr warten ist vorbei und Wiens Cineasten kriechen aus ihren Löchern. Heute wird mit „Comme une image“ die Viennale 2004 eröffnet. Millionen Bilder werden bis 27.10. über die Leinwände flackern, wahrscheinlich sogar mehr. Fünf Spielstätten stehen für die Projektionen zur Verfügung. Zahlreiche Nebenveranstaltungen werden das Programm bereichern und ein zusätzlicher Festivaltag wird offeriert. Im Laufe dieser Viennale werden uns namhafte Regisseure, Schauspieler und Legenden des Kinos die Ehre erweisen. Man hat die Qual der Wahl aus einem reichhaltigen Angebot von 298 Spiel-, Dokumentar-, Kurz- und Experimentalfilmen zu wählen. Und da wären noch die Retrospektiven und Spezialprogramme.

Das Filmmuseum zeigt schon den ganzen Oktober hindurch eine Retrospektive der französischen Filmemacher Danièle Huillet und Jean-Marie Straub. Diese umfasst nicht nur das Gesamtwerk der beiden. Es werden außerdem Filme von John Ford gezeigt, die von Straub-Huillet eigenhändig ausgewählt wurden. Spannend zu sehen, wie diese Kombination von französisch radikal linkem Kino und dem „klassischem amerikanischen Regisseur“ funktioniert und seinen ganz eigenen Text lesbar macht. Straub-Huillet werden außerdem vom 19. bis 22.Oktober Gast der Viennale und des Filmmuseums sein und interessierten Zusehern für ein Gespräch zur Verfügung stehen.
www.filmmuseum.at

Dokumentarstreifen

Auch dieses Jahr legt die Viennale wieder ein großes Augenmerk auf den Dokumentarfilm. Das Verhältnis von Spiel- zu Dokumentarfilm liegt dieses Jahr cirka bei 60:40. Feine Sache, besonders da es solche Arbeiten nur sehr selten ins Kino schaffen und deswegen wohl in Österreich wohl nicht mehr zu sehen sein werden.
Als erstmaliges Novum fungiert die Programmschiene „Propostions“, die uns heuer zwölf ausgewählte aktuelle Filme vorschlägt. Darunter sensible Regiedebüts, Werke aus Fernost oder die neueste Arbeit des Avantgardefilmemachers James Benning.
In der ebenfalls neuen Reihe „Working Class“ werden erstmals Lectures das Programm begleiten. Gehalten werden drei Vorträge vom französisch-amerikanischem Filmemacher und -theoretiker Jean-Pierre Gorin, dem auch gleich ein Spezialprogramm zukommt.

Eine von Elisabeth Büttner kuratierte Werkschau widmet sich dem österreichisch-ungarischen Filmemacher Paul Fejos. In diesem Rahmen wird auch eine Buchpräsentation Büttners mit Filmvorführung – bei freiem Eintritt – eingebettet sein (16.10. um 21:00 im Metro).

Ein weiteres Tribute gilt Amos Vogel, dem Begründer des New Yorker Filmavantgardeclubs Cinema 16, wo Zuseher erstmals in Berührung mit europäischem und amerikanischem Experimentalkino kamen. Die Viennale zeigt legendäre Programme des Cinema 16, wie auch einen Dokumentarfilm über Amos Vogel.
Werke des amerikanischen Filmkünstlers Bill Morrison werden in einem Spezialprogramm gezeigt. Morrison knüpft an die Tradition des amerikanischen Avantgardekinos an. Charakteristisch für sein Schaffen sind unter anderem sein Umgang mit Ton sowie mit found footage.
Die Werke von Agnes Varda gelten heute bereits ebenfalls als Klassiker der Avantgarde sowie des französischen Autorenkinos. Von ihr stammt der diesjährige Viennale-Trailer. Außerdem werden einige ausgewählte Kurzfilme zu sehen sein.

Ehrengast der Viennale ist heuer Lauren Bacall, der eine Galavorstellung von „The Big Sleep“ sowie zahlreiche andere Filme gewidmet sind.


„Far East“

Außerdem gewähren ausgewählte Werke Koreeda Hirokazus einen Einblick in das Schaffen eines der ungewöhnlichsten japanischen Regisseure. In der Programmpräsentation steht hierzu: „Sein bisheriges Schaffen zeichnet sich durch seine genaue Beobachtung und filmische Beschreibung alltäglicher Prozesse, dramatischer Entwicklungen und gesellschaftlicher Bedingtheiten aus.“
Fans des fernöstlichen Kino kommen auch in „Far East“, der Mitternachtsschiene der Viennale, auf ihre Kosten. Hier werden neue Filme aus China, Japan, Hongkong, Südkorea, Taiwan und Thailand gezeigt.

Nach offiziellem Abschluss der Viennale wird es weitere Highlights des Kinoerlebens geben. Beim Bonustrack am 28.10. können von 6:00 bis 24:00 die beliebtesten Filme der V04 noch einmal gesichtet werden. Außerdem werden sehenswerte Filme gezeigt, die es nicht ins Hauptprogramm der Viennale 2004 geschafft haben, da sie erst kurz davor bei anderen Festivals ihre Premiere erlebten.

Events

Neben all den sorgfältig ausgewählten filmischen Beiträgen der Viennale finden in der Zentrale, in der Urania, weitere Veranstaltungen statt. Neben Podiumsdiskussionen werden unter anderem Filmemacher wie Mark Milgard (dessen Debütfilm „Dandelion“ einer der Vorschläge von „Proposotions“ sein wird; außerdem hat der Herr ein nicht unwichtiges Plattenlabel namens Lakeshore Records mitgegründet), Minze Tummescheit, Jem Cohen oder David Fenster an zwei verschiedenen Tagen die Plattenteller bespielen.
Außerdem werden sich Von Spar und DJ Thomas im Rahmen der „MiniMonsters of Spex“-Tour am 23.10. die Ehre geben.
Heute tritt übrigens der legendäre Entertainer Gonzales als Opening Act auf – zusammen mit der Videokünstlerin Ninja Pleasure. Anschließend: HipHop und Funk von DJ Zone (Waxolutionists).
Das Beste zum Schluss: Am 10. November, also gute zwei Wochen nach der Viennale, werden The Melvins Filme und Videos des Künstlers Cameron Jamie musikalisch im Gartenbaukino begleiten.

Die Viennale 2004: ein Fest für Augen und Ohren also. Was uns wieder an den Anfang zurückbringt.

„Comme une image“, ein französischer Film von Agnes Jaoui, wird das Festival eröffnen. Der Schriftsteller und Verleger Etienne lässt seiner 20-jährigen Tochter nur wenig Beachtung zukommen. Diese versucht ihrem Vater als Reaktion darauf die Stimmung zu vermiesen. Der Vater hat eine Freundin im Alter der Tochter, außerdem interessiert sich eine Gesangslehrerin ebenfalls für Etienne. Dann gibt es noch ein Paar, das kurz vor der Trennung steht. In Jaouis Film überlagern sich diese Geschichten und Schicksale. Es geht um Einsamkeit, zwischenmenschliche Beziehungen und dem Bedürfnis nach Liebe. „Jaoui zeichnet mit leichtem, elegantem Strich ein sanft ironisches Gesellschaftsbild.“
Man darf also gespannt sein, wenn es heute Nacht „Film ab und gute Projektion“ heißen wird.

Heute um 23:00 im Gartenbaukino.

www.viennale.at

Home / Kultur / Film

Text
Sangam Sharma

Veröffentlichung
14.10.2004

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