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Holger Czukay

»Der Osten ist rot«

Grönland

Die Transformationsgeschichte eines Sound-Flaneurs. Dresden-born Holger Schüring alias Czukay war nicht nur das essentielle Bass-Tier der deutschen Velvet Underground, des Think Rock-Urgesteins Can, er bleibt der einzige, der sich, wie lange mit der Kölner-Techno-Legende Air Liquide, konstant um popkulturelle Neuerfindung bemühte anstatt wie Band-Gründer Irmin Schmidt um die eigene Akademisierung zu betteln. 1984 respektive 1987, als die lange streitgeplagten Can sich aufgelöst hatten, baute er mit den ehemaligen Wegbestreitern Jaki Liebezeit, Michael Karoli, Post-Punk Brit-Bass Jah Wobble und, exceptionally noteworthy, Produzentenlegende Conny Planck am Synthesizer wenige Monate vor dessen Tod die Solo-Alben »Der Osten ist rot« und »Rome Remains Rome«, zwei heftig umkultete und insider-umjubelte Meilensteinalben in Sachen World Music. Das Plakett greift aber zu kurz: In den flächigen Samples, wo zu Papst-Reden, DDR-Märschen bis hin zum ostblockenden Girlie-Chor der Mystere des Voix Bulgares kommentierende Space-Jams, Klangcollagen, Tuxedomoon-artiger Ethno-New Wave, bedröhnter Ambient Marke Popol Vuh/Werner Herzog und eine leichtfüssiger jazz-freudliche Variante des brüchigen Industrial-Stampfs der Einstürzenden Neubauten fabriziert werden, zeichnet sich eine schwungvolle Weitererfindung der Loop-Musik in die große moderne Elektronika-Komposition an, nicht lang, aber deutlich bevor Raves als Erlebnisräume und der Laptop als Hauptinstrument die Musikwelt übernommen hatte. Das aktuelle hier ist kein Re-Release sondern blanker Geschichts-Revisionismus der schönsten Sorte: Drei Remixes und sieben Best Of-Tracks der beiden Platten.

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