Ryley Walker © Emma Smith
Ryley Walker © Emma Smith

Die vielen musikalischen Gesichter des Ryley Walker

Der amerikanische Gitarrist, Sänger und Songwriter Ryley Walker legt mit »Course In Fable« sein fünftes reguläres Soloalbum vor, das die hohe Qualität seines bisherigen Outputs beibehält, aber auch einige Veränderungen mit sich bringt.

Bisher hauptsächlich mit den Labels Tompkins Square und Dead Oceans verbunden, gründete Walker vor Kurzem Husky Pants Records und »Course In Fable« ist nun eine der ersten Veröffentlichungen, die auf diesem Label erscheint. Wer die Karriere des Musikers mitverfolgt hat, wird bereits daran gewöhnt sein, dass Walker von Album zu Album seinen Stil weiterentwickelt und unterschiedliche Einflüsse in seine Musik integriert. War das Erstlingswerk »All Kinds Of You« noch stark von sowohl amerikanischer als auch britischer Folk-Gitarrenmusik geprägt, klang »Primrose Green« wie eine Hommage an (britischen) Psych-Folk. Spätestens seit dem 2016 erschienen »Golden Songs That Have Been Sung« ist auch ein Einfluss von Post- und Indie-Rock der Neunziger-Jahre zu vernehmen, gleichzeitig kristallisierte sich aber auch immer mehr Walkers eigener Stil heraus. »Deafman’s Glance« setzte diese Entwicklung fort und hatte auch einen noch deutlicheren experimentellen Einschlag. In Kollaborationen mit so unterschiedlichen Musiker*innen wie Charles Rumback, Kendra Amalie und Kigaku Moyo lebte Walker vor allem sein Talent für ungezügelte Improvisationen aus, die auch ein wichtiger Teil seiner Live-Shows sind. Diese Affinität zu Jams erstreckt sich auch auf die Jam-Band-Szene, die Ryley Walker in den letzten Jahren zusehends adoptiert hat. Ausschlaggebend dürfte dafür auch die Veröffentlichung von »The Lilywhite Sessions«, einer Neuinterpretation des kompletten, nie offiziell veröffentlichten Albums der Dave Matthews Band, gewesen sein. Vor Kurzem steuerte er auch mit »First Tube« einen der interessantesten Tracks zu »Cluster Flies«, einer Cover-Compilation des Albums »Farmhouse« von Phish bei.

Prog-Folk? Post-Jam?
Auf »Course In Fable« schafft Ryley Walker es nun, all diese musikalischen Welten in einem höchst eigenständigen und originellen Stil zu verbinden, ohne dass dies je gewollt klingt. Die sieben Songs des Albums nehmen den*die Zuhörer*in mit auf eine klanglich und emotional aufregende Reise. Die Rastlosigkeit der Musik wird dabei von den großartigen, an Beat-Lyrik und psychedelische Haikus erinnernden Lyrics noch unterstrichen. Instrumental unterstützt wird Walker auf dem Album von Bill MacKay (Gitarre und Piano) und Andrew Scott Young (Bass und Piano), die beide bereits mit ihm gearbeitet haben. Neu dabei ist Schlagzeuger Ryan Jewell, der vor allem durch Kollaborationen mit Jam-affinen Psychedelic- und Experimental-Acts wie One Eleven Heavy, Matt Valentine, Chris Forsyth und Garcia Peoples bekannt wurde. Die Produzentenrolle übernahm John McEntire, der als Mitglied von Tortoise, The Sea and The Cake und Gastr Del Sol eine Verbindung zur Chicagoer Post-Rock-Szene der Neunziger darstellt und Ryley Walkers musikalische Vision mit einer höchst detaillierten Produktion optimal unterstreicht. Auch ein deutlicher Prog-Rock-Einschlag ist auf dem Album zu verorten. Die Arrangements der meisten Stücke schlagen einen Haken nach dem anderen und sind virtuos gespielt, wirken dabei aber nie elitär oder abgehoben. »A Lenticular Slap« beispielsweise führt durch mehrere rhythmisch und lyrisch vertrackte Strophen und Refrains, bis es zu einer wundervollen Auflösung in der Coda findet. »Pond Scum Ocean«, mein persönlicher Favorit auf dem Album, verbindet eine jazzige Gesangsmelodie mit drahtigen Gitarren und einem elektronischen Beat, der entfernt an motorischen Krautrock, aber mehr noch an Chicago House denken lässt und dem Ganzen eine fast funkige Note verleiht.

Ryley Walker gelingt mit »Course In Fable« ein großer Wurf, der seine Position als einer der interessantesten zeitgenössischen Musiker weiter unterstreicht, dabei keine Kompromisse eingeht und gerade deshalb allen aufgeschlossenen Musikliebhaber*innen absolut ans Herz gelegt sei.

Player: https://ryleywalker.bandcamp.com/album/course-in-fable

Link: https://www.ryleywalker.com/

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Text
Ulrich Musa-Rois

Veröffentlichung
26.07.2021

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