chra
chra

»wondereel«

(fals.ch)

Ich bin mir nicht sicher, ob Tape-Techno überhaupt als eigenes Genre existiert. Audiokassetten und zeitgenössischer Techno, mit seinen über die Jahrzehnte auf den Punkt produzierten Kickdrums, sind natürlich ein offensichtlicher Widerspruch, von dem dieses Album besonders zehrt. So überrascht es dann auch nicht, dass chra die Idee von treibendem Techno radikal anders interpretiert, als dies gemeinhin üblich ist. Die Stücke auf »wondereel« kommen immer wieder zum Stillstand, werden in schier endlosen Montagehallen bearbeitet, abgeschliffen und verformt, bevor das Werkstück am Ende der knapp einstündigen Assembly Line im Warehouse landet – ganz ohne Rave. Techno wird hier also auf eine spezielle Perspektive runtergebrochen, der Funk bleibt jedoch durchgehend erhalten. Am ehesten zerbröseln die Entwürfe in den Weiten der mittlerweile schon recht leergeräumten Fabrikhallen zu digitalem Staub – eine Ästhetik, die ausgezeichnet ins Jahr 2025 passt. Die Tatsache, dass die Stücke bereits vor mehr als zehn Jahren entstanden sind, spricht dann auch für die Zeitlosigkeit der Kompositionen. Einzig das automatisierte Mastering hätte man sich schenken können, denn an einigen Stellen wirken die Lautstärken und Frequenzen nicht ganz ausgewogen und man würde sich manch düstere Atmosphäre, die sich im Hintergrund als Silberstreif erahnen lässt, gerne etwas prominenter platziert wünschen. Am Ende handelt es sich dabei aber nur um ein Detail, denn »wondereel« ist großes Kino über eine Entwicklung von Techno, wie es sie niemals geben konnte.

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Text
Chris Hessle

Veröffentlichung
08.02.2025

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