Black Ox Orkestar, Constellation Records
Black Ox Orkestar

»Everything Returns«

Constellation Records

Wer »Traditionsgebundenheit« verherrlicht, umschwänzelt meist die Leine, die Menschen an ihre Unterdrückung bindet. Es ist daher eine gute Daumenregel, die Lauscher zu spitzen, wenn ein Album »atmosphärische Interpretationen traditioneller osteuropäischer Musik« verspricht. Eine melancholische Stimme lamentiert, dass die Welt als Kind so viel einfacher schien. Klingt nach den üblichen rhetorischen Tricks der Rechten – bis man herausfindet, dass der Sänger ein kanadischer Menschenrechtsanwalt ist, der das Assad-Regime erfolgreich für Kriegsverbrechen angeklagt hat. Als Kind war die Welt einfacher. Denn es gibt wenige Bands, die sich so viel auf die Schultern laden, wie Black Ox Orkestar. Das Quartett ist Anfang der 2000er der Montrealer Post-Rock-Szene rund um Godspeed You! Black Emperor und Silver Mt. Zion entsprungen. Nach einem 15-jährigen Hiatus kehren sie mit einer melancholischen Mischung aus Klezmer, Taksim, Romani-Folk, Rock und zeitgenössischem Jazz zurück, singen auf Jiddisch, Französisch, Englisch, Hebräisch und Arabisch und haben nebenbei zwei Assistenzprofessuren im Gepäck. Wer einen kopflastigen Zugang fürchtet, kann sich auf sanften Streichern, ätherischen Gitarren und wehmütigen Klarinetten ausruhen. Stellenweise schläfert das Orkestar ein, variiert zwar Text und Typus, aber nicht Ton und Tempo. Als würde ihm der eigene Weltschmerz die Luft rauben. Doch aus tiefer Trauer klingt die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Defätistisch bläst das Black Ox Orkestar die Fanfaren des »Globalismus – einer von Rechtsextremen verwendeten anti-semitischen Hundepfeife«. Ihr vehementer Versuch, sich Traditionen neu anzueignen, ist eine Ablenkung. Genre-Tags und Trägheit maskieren ein geduldiges Kratzen. Wer Ketten mit einer Feile bearbeitet, produziert einen zurückhaltenden, aber hoffnungsvollen Klang.

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