Die anglofranzösische Gruppe rund um den relativ jungen Allround-Keyboarder Kit Downes legt gleich mit dem ersten Song dar, was unter dem Rubrum Barbacana alles einzuordnen ist. »Animation« beginnt als Beefheart’scher Katzenjammer und gemahnt zum Ende hin an die ruhigen Momente des Post Rock, alles von der großen Klammer Jazz zusammengehalten. Wer da schon mit seinem Musiklatein am Ende ist, braucht sich das folgende »Steam« gar nicht erst anzuhören. So hätte Ingmar Bergman geklungen, wenn er statt Filmen Jazzplatten gemacht hätte. Doch auch dieser Song ist zweigeteilt, und so endet das Stück als zarte Jazzauslegung des Canterbury Prog Rock, wie er in den 1970ern etwa von Hatfield and the North gespielt wurde. Der Titelsong klingt dann schon wirklich arg nach einer Kreuzung aus den mittleren Soft Machine und Gentle Giant zu »Octopus«-Zeiten. Damit wäre das sehr breite Feld dieser aufregenden Band zumindest annähernd abgesteckt. Jedes der vier Mitglieder trägt gleichberechtigt zum Songwriting bei und bekommt genug Raum zur Entfaltung seiner individuellen Fähigkeiten. Im wohl sphärenreichsten Song des Albums, der zehnminütigen Improvisation »Migration-Big Big Shop«, loten Barbacana von jazzrockig bis crimsonesque ihre Grenzen aus, nur um zu entdecken, dass sie eigentlich gar keine haben. Die über Oliver Weidlings renommiertes Label Babel veröffentlichte Platte lebt natürlich auch von Barbacanas avantjazzigem Bildersturm, der ja – fälschlicherweise – oft als Voraussetzung für innovative Schaffenskraft und Spannungsbildung gesehen wird, ist aber trotzdem über weite Strecken auch einfach schön zu hören. Hier muss im Besonderen das wundervolle »Outro« erwähnt werden. Wer mit den Alben der großartigen, aber leider recht unbekannten Clogs vertraut ist, braucht gedanklich nur deren freigeistiges Klassikverständnis auf Jazz zu übertragen, um eine Ahnung davon zu bekommen, was in diesem Song alles drinnen steckt. Und eigentlich im gesamten Werk von Barbacana.
Barbacana
»Barbacana«
Babel
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