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Vienna Rest In Peace

»s/t«

Trauerplatten

Es kann schon nerven, dieses ständige Herumreiten auf dem Morbiden in Wien. Da mag ja etwas dran sein, aber diese Faszination für den Tod und das Sterben ist nichts, was Wien von vielen anderen Städten und Ländern groß unterscheiden würde, man denke nur an Mexiko. Wie auch immer: Punktgenau zu Allerheiligen veröffentlichte die Wiener Allstarband Vienna Rest In Peace (bestehend aus der Band Aber das Leben lebt, Marilies Jagsch und Gregor Tischberger) nun ihr Albumdebüt auf dem hauseigenen Label Trauerplatten. Die Platte heißt schnörkellos wie die Band und vereint zwölf Songs aus der Schnittmenge von Chanson, gehobenem Schlager, einer Prise Trauermarsch und auf Hochdeutsch gesungenem Austropop alter Schule. Unterscheiden tut sich das Album von Letzterem vor allem durch ein Soundkleid auf der Höhe der Zeit und ziemlich verschwurbelte Texte. »Totenschädelweh«, »Hoffnungsarthrose« und »Stimmungsgicht« (aus »Leichtmatrosenlied«) etwa sind nur ein Auszug aus einem nicht kleinen Pool an originären Wortschöpfungen, die zu trägem Pluckerbeat gesungen werden. Ist man von diesen Krankheiten befallen, kann man sich praktisch schon zu den Living Dead zählen, um die es hier vor allem geht.

Ein anderes Stück der »Anonymen Melancholiker« ist das etwas mulmig machende, flottere »Staat der Affen« (»Affen hören nicht die Beatles und Gott sei Dank auch nicht die Stones, ihr Heulen ist der wahre Punk, Wien in Angst, das System wankt«). Das Minimundus-Wien-Video dazu konterkariert mit dem launigen Kinderchor das bedrohliche Szenario. Eventuell handelt es sich ja um eine politische Anspielung? Eine gewisse Nähe zu Element Of Crime zu konstatieren, ist nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern wird von der Trauerplatten-Info explizit nahegelegt. Nur dass Sven Regener dem ungenannten, stark pifkenesisch artikulierenden Sänger von VRIP an Ausdruckskraft doch einiges voraus hat. Ein sehr leiwander Todesschlager mit der nötigen Spaghettiwestern-Dramatik ist »Auf Geisterfahrt« mit seinen untoten Fiakern, und »Gefühle« findet einen für Untote (angesichts des Frühlings) regelrecht ekstatischen Ausdruck. Gegen Ende kommt sogar Peter Handke ins Trauerspiel: »Meine Fehler wären Peter Handke nicht passiert«. Traurig, aber wahr.

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