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Kuba Kapsa Ensemble

»Vantdraught 10«

Denovali Records

Endlich wieder schamlose Minimal Music nach klassischem Schema! So wie damals in den, na, sagen wir, frühen 1980ern, als Leute wie Philip Glass, Steve Reich, Michael Nyman oder John Adams gerade ziemlich angesagt waren, dann aber wahlweise sehr gute Filmmusiken, sehr langweilige Opern, sehr uninspirierte Instrumentalwerke oder ganz einfach belanglosen, verkitschten Schrott am Fließband produzierten. Weswegen sich ein gewisser Mainstream-Minimalismus zwar noch eine Zeitlang in einer Hochkulturnische halten konnte, aber mit der einstigen Coolness und teilweise auch mit der künstlerischen Reputation war es vorbei.
Mittlerweile sind minimalistische Aspekte längst in jedes Genre vorgedrungen (oder waren dort stets vorhanden), aber auch reine Minimal Music wird nach wie vor produziert. Erst unlängst veröffentlichte Charlemagne Palestine ein recht belangloses Ungetüm auf drei CDs, während das Label m=minimal zuletzt dem weniger bekannten, aber sehr hörenswerten Ernstalbrecht Stiebler eine geduldige Werk- schau widmete.
»Vantdraught 10« ist eine Neukomposition des polnischen Pianisten und Komponisten Kuba Kapsa, der erste, »symmetrische« Teil eines zweiteiligen Werks, dessen zweiter Teil sich dementsprechend der »Asymmetrie« widmet – gemeint ist allerdings ein beliebiger Aspekt von A/Symmetrie, egal ob Rhythmus, Harmonie, Motivik oder Thema. Wir erfahren zudem, dass nahezu die gesamte moderne Klassik des 20. Jahrhunderts, nicht nur die Minimal Music, eine Inspirationsquelle waren.
Aber man glaubt es nicht so recht beim Durchhören dieser vier Stücke. Track 1 klingt, als hätte Steve Reich irrtümlich für einen Peter-Greenaway-Film komponiert. Im zweiten Stück übernahm Moondog zunächst diese Aufgabe (ja, ja, diese Marimbas, das Vibraphon, heiliges Windriver Powwow!), um sie dann an Philip Glass (aus inspirierteren Zeiten) weiterzureichen. Im dritten Stück finden wir am ehesten den vielschichtigen, melodiösen Zugang von John Adams wieder. Und in der vierten Nummer kehren Reich und Greenaway wieder.
Das sind indes nur Assoziationen. Tatsächlich spiegeln sich die Stücke bis zu einem gewissen Grad, sind sie symmetrisch nicht nur in sich, sondern auch zueinander so angelegt, was eine nette Spielerei ist, aber im Höreindruck sind diese allzu vertrauten Assoziationen nicht annähernd zu verscheuchen.
Aber macht nichts, sagt der Fan, »Vantdraught 10« ist ein Griff ins Volle, eine genüssliche Zelebra- tion, ein Fest für Freunde der Minimal Music; und so geil wie das großartige CD-Cover des Künstler- duos Kahn & Selesnick. Und wem das Genre nicht zusagt, schaut sich zur Strafe Peter Greenaways »Drowning by Numbers« dreimal am Stück an.

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