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The Robocop Kraus – Seele essen Angst auf

Wenn Bands alles richtig machen und die großen Festival-Bühnen erobern, trotzdem jedoch jeden noch so kleinen Club mit ihren Superlativen, mit ihrer Energie und mit ihrem Drang erreichen, dann heißt das, dass die Maschine »Rock« begriffen und ausgetrickst wurde. Aber wenn dann auch noch so eine Platte wie »They Think They Are The Robocop Kraus!« daherkommt, dann ist es verdächtig. Verdächtig gut.

Aus der Nähe von Nürnberg kommt das Wunder her. Eine Band, fünf Freunde, die auszogen um ihre Hardcore-, Emo-, NewWave-, Postpunk-Vergangenheit in einen schmackig-eleganten Pop-Entwurf zu verpacken. Und ihre bisherige History liest sich in der Tat wie ein Märchen ohne Bösewichte: Mitte der Neunziger erste wütende HC-Aufnahmen, eigenes Label gegründet, Pop schummelt sich rein, zweites Album »Tiger« lässt sie zum Geheimtipp werden. Unablässiges (und wirklich, DAS ist wörtlich gemeint) Touren und die richtigen Connections bringen 2003 den Deal mit der Indie-Legende L’Age D’Or. »Living With Other People« hieß das Meisterwerk, das in Anbetracht der jetzt laufenden Welle an stilistisch ähnlichen, international umjubelten Bands eindeutig seiner Zeit voraus schien. Und dann musst du cool genug sein, nicht unterzugehen, nicht abzusaufen, sondern weiterzumachen, bis du in Schweden bei Pelle Gunnerfeldt landest, dem Produzenten der Hives und der (International) Noise Conspiracy. Hm, das mag komisch klingen, immerhin machen TRK alles richtig, was Bands wie diese immer schon falsch gemacht haben. Vor allem sind TRK nicht langweilig. Aber gut, Pelle gibt schon im ersten Mail den Ratschlag »Hört mehr AC/DC!«, was das neue Album zwar nicht wirklich explizit auszeichnet, aber vielleicht doch den Dampf und die Energie bündeln konnte. Die Energie ihrer Konzerte, der sagenumwobenen TRK-Gigs, die den Club definitiv nicht in Ordnung lassen. Diese Energie auf Platte zu bannen scheint unmöglich. Und doch gelingt »They Think They Are…« dieses Kunststück bestens.

Einen Großteil eurer jetzigen Bekanntheit verdankt ihr eurem unnachgiebigem Touren. Seht ihr euch primär als Live-Band oder ist die Studio-Arbeit wesentlicher?
Studio-Arbeit macht schon Spaß, aber ich glaube wir definieren uns schon eher als Live-Band. Das haben wir bisher eigentlich schon immer gemacht, und das ist auch das, wo wir am unabhängigsten agieren können. Bei der Plattenaufnahme bist du immer vom Label abhängig, und rüberkommen tut eh immer fast nichts, also bleibt es bei uns meistens bei den Konzerten. Aber es ist eben schon auch ein Reiz mal ne gute Platte aufzunehmen.

Das Loslassen bei euren Konzerten, dieses Punkige, ist auf der neuen Platte erstaunlich clever rübergekommen.
Ja, Dank den tollen Menschen mit denen wir zusammengearbeitet haben. Wir sind zufrieden wie eigentlich noch nie mit einer Aufnahme. Ich mein, so richtig perfekt kann man das ja nie abfangen. Man kann sich hinsetzen und ne gewisse Stelle üben, bis man sie super spielen kann, oder man kann sie aufgeben. Bei Konzerten kannst du so nicht rangehen. Da musst du was finden, was du dazu spielen kannst, was dazu passt, und was auch im Stress irgendwie noch fehlerfrei spielbar ist.

Wie waren die Aufnahmen? Wart ihr auf einer Wellenlänge mit Pelle Gunnerfeldt?
…und Johann Gustaffson, der Engineer, muss man dazu sagen. Ja, auf jeden Fall waren wir das.

Habt ihr ihm viel erklären müssen oder hat er euch viel erklärt?
Nö, er hat grundsätzlich gar nichts erklärt, weil der nicht viel redet. (lacht) Vom Gemüt her ist er ein richtig typischer Schwede, sagt nix, macht aber. Und das halt dafür umso besser.

Beim Hören eurer Platte kommen immer Assoziationen von wütenden Jungs hoch, die den Club in Schutt und Asche legen wollen. Gibt es einen gewissen Druck eurerseits auf der Bühne Entertainer zu sein?
Druck nicht, aber wie wir mit The Robocop Kraus angefangen haben, war es irgendwie klar vom Konzept her, dass wir uns als Entertainer sehen. Wir haben alle in so Emo-Postpunk-Bands gespielt, da war’s ja dann auch oft so, dass du mit dem Rücken zum Publikum spielst und so. Und da mag die Musik noch so gut sein, aber ein Konzert muss, finden wir, mehr bieten.

Und dieses Mehr, das TRK live bieten, findet auf der neuen Platte Entsprechungen sondergleichen. Nur »In Fact You’re Just Fiction« als Beispiel genommen, ein Popsong ohne Wenn und Aber, der jenes Niemandsland des Rocks beackert, wo alle letztes Jahr noch Franz Ferdinand triumphieren gesehen haben. Heute triumphieren da eben TRK. Oder »You Don’t Have To Shout«, die uneingeschränkte Frechheit des Songtitels, weil Schreien und Jubeln wirklich das dringlichste ist, wozu der Song anstiftet. Diese Songs leben davon, weniger zu wollen als sie bieten. Sie versuchen nicht, fünf Geschichten in einem Song zu erzählen. Sondern zwei. Dies ist wirklich bemerkenswert, vor allem weil der innewohnende Soul, das Gefühl, die Seele in Thomas Langs Stimme das erste Mal seit langem ein Rock-Album zum Erzählen gebracht hat. Und die Musik das erste Mal seit langem so viele Leute bei Konzerten zum Tanzen. Wenig Geschichten großartig zu erzählen heißt eben auch: Großformatigen Witz und unbestechliches Gespür für den Moment zu haben. Wir schreiben 2005, auf einmal werden die Zeichen klar, dass TRK mehr sind als nur irgendein deutsches Provinz-Ideechen. Epitaph ruft an.

TRK stellt man sich am ehesten in einem kleinen, engen Club vor, wo die Hölle los ist. Wie geht’s euch jetzt mit dem Erfolg, mit den großen Festival-Bühnen, mit der Unpersönlichkeit dort?
Ich weiß es nicht genau, vielleicht kann ich euch das im nächsten Jahr sagen. Was wir bisher bei den großen Bühnen gemerkt haben, ist halt, dass du da wieder was lernen musst. Am Anfang war’s bei uns ja auch ein kleiner Club ohne Bühne oder ein besetztes Haus. Dann kamen 100er-Clubs. Es sind halt immer Schritte, wo du was neues Lernen musst, insofern ist das halt jetzt auch einfach ein Schritt, wo du den Ablauf, den Umgang mit der Bühne und mit dem Publikum neu lernen musst. Natürlich fühlen wir uns wohler in Clubs vor zwei-, dreihundert Leuten.

Wie seid ihr zum Deal mit Epitaph gekommen?
Über einen Freund von uns. Der hatte da die Kontakte, hat die mal bei einem Konzert vorbeigeschickt, die sind gekommen und haben gemeint, das würde klappen.

Wann habt ihr davon erfahren?
Eigentlich genau während den Aufnahmen in Schweden. Das hat aber nichts an unserer Arbeit geändert, es ist dadurch kein Druck auf uns ausgeübt worden. Den fand ich beim letzten Album wesentlich größer, wahnsinnige Anspannung. Ich weiß nicht einmal, warum damals der Druck größer war, ist immer sehr subjektiv. Aber das jetzt war wesentlich lockerer.

Reagieren manche Fans jetzt aufgrund des Erfolgs anders? Sind manche enttäuscht? Früher habt ihr ja Interviews mit Intro oder Visions abgelehnt …
Eigentlich haben wir diesbezüglich noch keine negative Kritik gehört, natürlich kann man’s nicht jedem Recht machen. Wir haben damals die Interviews auch nicht aus Prinzip abgelehnt, sondern eher weil wir wollten, dass das Ganze organisch wächst. Also Sachen zu lassen, die vielleicht einfach sind, aber keinen Sinn für uns ergaben. Und dadurch gibt es eben Grenzen, wobei bei uns sehr viel diskutiert wird, welche Interviews wir jetzt machen, und wie weit wir gehen wollen.

Zum Beispiel?
Also, Springer-Presse ist von uns verhasst, aber ich bin mir gar nicht sicher, ob wir da nicht auch schon was hatten. (lacht)

Euer Stil ist nicht der typische schwedische Rock-Chic, aber trotzdem scheint er für euch als Live-Band wichtig zu sein.
Ja, wir haben angefangen mit Hemd und Krawatte, Anzug auch
mal. Das war halt Punks-Ärgern bei Konzerten. Das hat aber irgendwann dann nicht mehr funktioniert, momentan sind wir etwas orientierungslos, es bricht gerade etwas auf. Wir suchen uns immer kurz vor jedem Konzert aus, was jetzt Sinn machen würde, und diese Spontaneität gefällt uns zurzeit.

Wie geht es euch mit dem euch oft nachgesagten Soul?
Hm. Das find ich jetzt gar nicht so. Bin selbst jetzt nicht so ein Soul-Fan.

Also doch kein Soul. Aber woher kommt dann diese Angst, die das Ende eines TRK-Songs auszeichnet? Die Angst, dass er nicht wiederkommt? War es nicht genau das, was Soul in all seiner Schönheit ausmacht? Offensichtlich nicht. Zumindest bei TRK weißt du also nie, was Fiktion und was Realität ist. In der Tat sind sie selbst, und ihre Konzerte, vielleicht Fiktion.

Ist das viele Touren anstrengend?
Ja. Es macht enormen Spaß, aber es ist auch anstrengend. In Österreich sind wir halt so oft, weil das Label hier viele Möglichkeiten bietet. Das ist in anderen Ländern oft nicht so.

Und da sollten wir dankbar sein. Zahlreiche Clubs, Ottensheim Openair, Seewiesenfest, Donauinselfest wurden schon in Schutt und Asche gelegt. Und weitere folgen. Und sie sollten nicht verpasst werden. Z.B. der 25. September im Wiener B72…….

Live-Webcast des TRK-Gigs im Paradiso, Amsterdam

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