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Später vielleicht

Robert Kleindiensts Erstlingswerk ist die fragmentarische Beschreibung eines Schriftstellerdaseins mitsamt aller Widrigkeiten. 

Die Geschichte in Robert Kleindiensts Erstlingsroman »Später vielleicht« ist eigentlich keine. Vielmehr ist es eine fragmentarische Beschreibung eines Schriftstellers, der sowohl im Leben als auch im Beruf in einer Sackgasse angelangt ist und aus dieser herauszukommen versucht: »Ich schreibe das Drehbuch meines eigenen Lebens, aber ich schreibe nicht über mich, sondern schreibe mich selbst.«

Der Protagonist, ein junger Kafka-begeisterter Schriftsteller, ringt mit seiner Unfähigkeit, einen Roman zu schreiben und die Knoten in der Beziehung zu seiner Freundin Nelly zu lösen. Eines Tages tritt die brasilianische Studentin Fábia in sein Leben, eine Begegnung, die ihn beflügelt. Seine Lebensgeister scheinen wieder geweckt. Zusammen mit ihr lustwandelt er durch seine Lieblingsstadt Prag, und spinnt zum Zweck des Schreibens ein dünnes Netz aus Wahrheit und Betrug. Ein Gefühl von Zerrissenheit begleitet ihn durch die gesamte Schaffensperiode des Romans und wird darin auch ersichtlich, wenn er eigene Erlebnisse und Gedanken als die seines Protagonisten ausgibt. Gegen Ende dieser Zeit verliert er sowohl Fábia als auch Nelly, hat aber wieder ansatzweise zu sich gefunden. »Dieser Roman wird kein anderes Ende finden als dieses, denn ich bin es, der beschreibt, der sich einschreibt in diesen Zeilen und zu keinem anderen Ende kommen will als diesem. Ja, es könnte sein, dass ich aus dem Roman hinausgetreten bin in eine andere Welt, dass mich jemand diese Zeilen schreiben lässt.«

Kleindiensts Roman ist vieles – psychologisch, spiegelnd, zerrissen. Er gibt Einblick in den Kampf eines Menschen mit sich selbst. Viele Elemente laufen hierin zusammen und bilden ein Geflecht aus Phantasie und Realität, Liebe und Selbsthass, Betrug und Ehrlichkeit. Ist die Basis der Geschichte – die Schreibkrise – mit der Zeit für den Leser etwas lähmend, so bildet die Reise nach Prag einen willkommenen Einschnitt im Roman: Die Erzählung wird lebendiger, die Blockade scheint durchbrochen. Gleichzeitig wird ab dieser Stelle das Handeln und Denken des Protagonisten vielfältiger; er spielt ein Spiel, das teilweise sadistisch anmutet, wenn er Nelly seine unter dem Deckmantel der Literatur verfassten Texte lesen lässt.

»Später vielleicht« ist ein Spiegelroman, in dessen Zentrum die Suche steht – die Suche nach Worten, nach Ausbruch aus dem Gewohnten, nach dem eigenen Selbst. Schlie&szliglich ist es aber auch eine Liebesgeschichte, die Kleindienst zwar mit recht pathetischer Sprache, dafür aber mit viel Einfühlungsvermögen zu erzählen versteht.

Robert Kleindienst: »Später vielleicht«

Innsbruck: Skarabæus Verlag 2009, 174 Seiten, EUR 18,90

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Text
Sabine Weishaupt

Veröffentlichung
10.06.2011

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