»That’s not what I expected«, murrt ein Zuschauer. Der Kommentar kommt nicht wirklich unerwartet. In den Liedern zuvor hat das Schlagzeug-Keyboard-Duo Scarabeusdream, bestehend aus Bernd Supper und Hannes Moser, nicht maßgehalten mit seinen aus Schmerz und Enttäuschung geformten Hysterie-Konglomeraten. Moser hämmert, Supper jault und klimpert. Das alles mit einem solchen Nachdruck, dass man sich zwangsläufig überrollt fühlt. Doch darum geht es. Ohne emotionale Filter lassen Scarabeusdream ihre Gefühle auf das Publikum los. Zurückhaltung und Augenmaß bleiben außen vor. Dass sie all das aber in fein geschliffenen, prägnanten und melodieseligen Songs irgendwie zwischen Avant-Pop, Neo-Klassik und Post-Hardcore tun, macht die Faszination dieser Musik aus.
Zuspitzung auf Songs
Denn in Sachen Songformat und Formfragen halten sie sehr wohl Maß. Das Medium ihres Ausdrucks ist nicht der ellenlange Track ohne Rahmen, der mit gutem Recht als Kanal für Empfindungen dieser Art dienen könnte, die sich nicht so leicht einpferchen und auf den Punkt bringen lassen wollen. Stattdessen verdichtet das Duo, spitzt zu, packt möglichst viel Leid in möglichst kurze Zeit. Dadurch trotzt man dieser Gefühlslage erstaunlich viel Euphorie ab, die mit einem großen Quäntchen Hysterie hochgradig überzeugend kredenzt wird. Dass sich Supper dabei manchmal stimmlich entblößt, spielt in diesem Kontext keine Rolle mehr. Erstaunlich ist insgesamt, dass einem Gesangs- und Keyboardmotivfragmente nach dem Konzert im Kopf bleiben. Man fühlt sich gerädert, aber auch großzügig beschenkt. Der glasklare Sound hat zweifellos dazu beigetragen. Aber vor allem hat hier eine Band Form und Verfahren gefunden, die Songs auf internationalem Niveau hervorzubringen vermag.