Ceramic Dog, die Band des szenen- und genrewechselgewandten Gitarristen Marc Ribot mit den Musikern Ches Smith am Schlagzeug und Shahzad Ismaily an Bass und Moog-Synthesizer, sind nun nach einigen Jahren mit Touren und Veröffentlichen von »Party Intellectualls« bestens aufeinander eingespielt. Die musikalische Interaktion ist eine Art offener Dialog, der trotz der jetzt aber auch wahrnehmbaren Routine noch nicht unbedingt zum einschätzbaren Kommunikationsraum wird. Ceramic Dog ist mehr ein Experimentier- und Improvisationsfeld für Songs, denn ein Platz für bloße Virtuosität. Das macht den Reiz aus. Zwischen vertrackten Minimalismen und grober Unberechenbarkeit, einfacher Songstruktur und forschender Improvisation, freiem Hard Rock und funkigem Free Jazz, angedeuteter Psychedelik und verspielter Elektronik ist bewusst und unbewusst alles möglich. Mit neuem Songmaterial im Set. Und Eszter Balint mit Geige und Gesang als Gast dabei. Die eigentliche Härte von Ceramic Dog tendiert dabei nun allerdings schon sehr zum Pop. Unter anderem mit dem Serge-Gainsbourg-Cover »Hier Ou Demain«, aus Paris vom John-Zorn-Tribut an Gainsbourg mitgebracht. Eine Art schmachtende Punkdemontage, bei der der Song nur durch gespielt schier grenzenlos naiven Charme aufgefangen wird. Die Stimmen von Ribot und Balint im Duett. Zu Beginn nur begleitet von einzelnen Schlagzeugschlägen. Und einsamer Melodie. Dann Switchen in einen totalen Hardcore-Drive im zweiten Part des Songs. Höchst energetisch diesmal ganz besonders »Break On Through«, einstmals Doors-Klassiker. Sonst sind durchaus auch stranges Abdriften, abrupte Brüche, starke Stimmungs- und Dynamikschwankungen im Spiel mit Extremen in musikalischen Energien. Gerne danach beim Gespräch mit Marc Ribot noch weiter ausgelotet.

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