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FKA twigs

»M3LL155X EP«

Young Turks

Wenn es an »LP1«, dem vor ziemlich genau einem Jahr veröffentlichten Debütalbum von FKA twigs, etwas zu bemängeln gab, dann wohl am ehesten den Umstand, dass sich die ästhetischen Parameter ihrer Kunst beim näheren Hinhören (und -sehen) überraschend leicht als Träger deckungsgleicher Symbole dechiffrieren ließen. Das mag nach Kritiker-Pedanterie klingen, jedoch sind Künstler-Personae bekanntermaßen nur so lange spannend, wie sie ihre Mystik zu bewahren vermögen. Und in dieser Hinsicht entpuppten sich die auf »LP1« thematisierten Verlustängste, das Streben nach Anerkennung und die all dem zugrundeliegende Selbstsucht, zusammen mit der visuellen Ästhetik, der die Suggestivwirkung kindlicher Unschuld unterstellt werden durfte, und natürlich der sublimen, sehnsüchtigen Klangkunst von FKA twigs als ein klein wenig abnützungsanfällig. »M3LL155X« schlägt nun einen begrüßenswerten Haken hin zu geheimnisvoller Ambiguität und wirft mit seinen nur rund 20 Minuten Spielzeit mehr Fragen auf als der Longplayer vom letzten Jahr. Nicht nur das Stimmungspendel oszilliert hier zwischen den Extremen Eifersucht und Versöhnlichkeit, Kampfeslust und Ergebenheit, auch in ihrem Soundbild definiert Tahliah Barnett, so FKA twigs’ bürgerlicher Name, neue ästhetische Kategorien. Die 27-jährige entfernt sich ein Stück weit vom kryokonserviert R&B und füllt die Leerstellen mit Gewebsproben aus elektronischen Klangfabriken. Beängstigend gute Momente wechseln sich nahezu pausenlos ab, seien es die unheilvollen Synthesizer im Opener »Figure 8« oder die aggressive Pitch Correction bei »In Time«, die dem Gesang etwas Bedrohliches gibt und mit der friedlichen Stimmung der Strophe angenehm kontrastiert. »Glass & Patron« folgt dann kaum noch der früheren Logik Barnetts und ließe sich im Plattenladen unter IDM light einordnen. Mit »M3LL155X« definiert FKA twigs ihre persönliche musikalische Farbenlehre. Es sind diese Songs, an denen sie in Zukunft gemessen werden wird.

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