The Dead Brothers © Annemarie Sperlich
The Dead Brothers © Annemarie Sperlich

»Dies hier ist keine Party!«

Die Schweizer Begräbnisband The Dead Brothers präsentierte am Sonntag, dem 17. Februar 2019 im Wiener Chelsea ihre neue Platte »Angst«. skug hat sich der Trauerprozession angeschlossen.

Es ist 21:00 Uhr abends und durch das gespannt wartende Publikum des Wiener Chelsea tritt eine Prozession schwarz gekleideter Musiker*innen hin zur Bühne. Von dort aus wird das Publikum – ein paar euphorische Schreie haben sich in die Stille gemischt – gleich zur Mäßigung aufgerufen: Ob denn die hier Anwesenden nicht wüssten, dass heute die Dead Brothers spielen? Und, ob sie denn nicht wüssten, dass »dies hier keine Party ist?« Und in der Tat wird hier auch nicht das Leben besungen, sondern lieber alles, was dazu geneigt ist, das Leben kurz zu halten.

»Angst« ist der Titel der neuen Platte, die an diesem Sonntag, dem 17. Februar 2019 im Chelsea live vorgestellt wird. Setlist gibt es keine, The Dead Brothers spielen einfach und haben die Melancholie auf ihrer Seite. Wir zelebrieren mit ihnen das Ende unserer Zeit, das Ende unserer Zeiten. Zum Beispiel mit »Les papillons noirs« – einem wunderschön verrauchten Cover des Serge-Gainsbourg-Klassikers – mit dem natürlich die von Nikotin getränkten Lungenflügel gemeint sind.

So wird das Chelsea zum Friedhof. Der charismatische Sänger Alain Croubalian führt durch die Zeremonie, begleitet von Banjo, Geige, Schlagzeug, Percussions, den Bass ersetzt eine Tuba. Live ein besonderes Erlebnis, ein bestens abgemischter Sound und atmosphärisch reduziertes Licht runden die Stimmung noch ab. Wir reisen im »Ghost Train«, besingen die Vergänglichkeit der Dinge in »Everything’s Dead« und in dem kollektiven Genuss gemeinsam erlebter Katharsis bereitet das dann doch ungemein viel Vergnügen.

The Dead Brothers © Annemarie Sperlich

Als die Band dann am Ende ihres famosen Gigs auch noch ein rund 20-minütiges Set ohne elektrische Verstärkung von der Bar des zweiten Raumes aus gibt, ist klar: Wir tanzen auf unseren Gräbern! Mit diesem Vierzeiler Heiner Müllers im Kopf trinkt der Rezensent anschließend ungezügelt:

»Zahnfäule in Paris«

Etwas frisst an mir

Ich rauche zu viel
Ich trinke zu viel

Ich sterbe zu langsam

(Heiner Müller)

Bild: The Dead Brothers: »Angst« (Voodoo Rhythm Records)
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