Julia Lacherstofer und Simon Zöchbauer sind nicht nur Kollegen, die ab und an zusammen musizieren, sondern auch ein Paar. Zudem treten sie als das Duo »Ramsch und Rosen« auf. Beide sind bestens ausgebildete Musiker, die sich der Traditionspflege ebenso wie dem Traditionsfortdenken verschrieben haben. Das hat ihnen auch Zuschreibungen wie »Volksmusikneudenker« oder ähnliches eingebracht. Die Berechtigung dieser Zuschreibung belegt Julia Lacherstorfer unter anderem mit Alma und Simon Zöchbauer mit Federspiel.
Liebesgeschichte für Kinder
Das alles interessiert Kinder, die ja Hauptadressaten des Konzertes sind, eher weniger. Sie betreten zumeist in Begleitung ihrer Eltern den Turm des Innsbrucker Treibhauses, sehen sich das Setting an, lassen sich zu Beginn gleich von den beiden Regenschirmen auf der Bühne faszinieren. Dahinter sitzt Julia Lacherstofer. Für den Verlauf der nächsten 50 Minuten ist sie der weltgrößte Wichtel Julia. Langsam beginnt sie, auf ihrer Violine zu spielen, singt leise dazu. Der Saal wird dunkler, die Kinder sind bereits gebannt. Zur Linken von Julia, in wenigen Metern Entfernung auf der Bühne, sitzt der weltkleinste Riese Simon an der Zither. Die Geschichte ist schnell erzählt. Julia vom Ramschenberg triffft Simon vom Rosenberg eines Tages beim Brombeerpflücken. Es funkt ad hoc. Doch die Nebelhexe hat etwas dagegen, dass man ihre Brombeeren stibitzt. Somit schickt sie einen Zaubernebel nach den beiden, die sich nach dem zufälligen Zusammentreffen wieder in ihre jeweilige Heimat aufmachen. Simon entkommt dem Nebel, Julia nicht, worauf sie in einen ewigen Schlaf verfällt. Die Musik ist es schließlich, die sie aus dem Schlummer holt und das Liebesglück möglich macht.
Setting: Märchen
Erzählt wird die Geschichte, schließlich soll das Setting möglichst märchenhaft sein, von Rotkäppchen und Schneewittchen, verkörpert von Sarah Jeanne Babits und Berenike Heidecker. Diese klagen in ihren Rollen darüber, dass viele Märchen, die man nicht fertig erzählt, einfach vergessen werden. Das Märchen von Julia und Simon ist ein solches. Was sie natürlich dazu veranlasst, ebendiesem Märchen ein adäquates Ende angedeihen zu lassen. Aber eigentlich erzählt das Kunstmärchen nicht nur von zwei Märchenwesen, die einander verfallen, sondern vor allem auch von der Musik und der Liebe zu ebenjener. So finden der Wichtel Julia und der Riese Simon zu berückend schönen, an traditioneller Volksmusik geschulten Melodien und virtuos-melodischen, instrumentalen Dialogen. Zöchbauer glänzt unter anderem an der Zither und am Flügelhorn, Julia Lacherstorfer erweist sich auch im Kontext eines Kinderkonzertes als abenteuerlustige, begnadete Geigerin. Wenn die beiden Liebenden auf dem Boden sitzen und singen, dann kommt man nicht umhin, berührt zu sein. Das Märchennarrativ erweist sich, nahe an der Realität und mit biographischen Untertönen durchzogen, als Glücksfall.
Jodeln für alle
Die Kinder im Publikum stellen freilich andere Überlegungen an. Sie entscheiden intuitiver und emotionaler, ob es gefällt oder nicht. Und das tut es. Wenn Julia das junge Publikum, schließlich soll auch die musikpädagogische Seite nicht zu kurz kommen, zum Jodeln anleitet, sind die Kinder begeistert mit dabei. Wenn Instrumente wie Zither oder Flügelhorn vorgestellt werden, zeigen sich die Kinder neugierig und aufgeschlossen. Den Konzertsaal verlässt das Publikum beschwingt, mit einem Jodler auf den Lippen. Und im Bewusstsein, wie gegenwärtig, berückend und schön Volksmusik sein kann. Insgesamt ein sehr schöner Konzertnachmittag, der sowohl Eltern als auch Kinder glücklich macht.