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White Denim

»Corsicana Lemonade«

Downtown Records

»Herr«, sprach Moses, »wie soll ich die Ungläubigen bloß bekehren? Das heilige Riff hat sie verlassen, ihre Ohren sind taub für gute, alte, grundsolide Rockmusik geworden!« Der Himmel verfinsterte sich, ein Blitz riss die Finsternis entzwei. Der alte Alleszermalmer stieg persönlich herab, um zu seinem Lieblingspropheten zu sprechen. Moses blinzelte, irgendwie kam ihm der gute Herrgott bekannt vor, hatte er nicht in irgendeinem durchwachsenen Hollywoodschinken mitgespielt? Egal. »Ja, Moses, altes Haus«, sagte der Herr, »so liegen die Dinge nunmal. Wenn jede Sau die Perle erkennen würde, die vor ihm im Dreck liegt, wäre das Leben ein einziges Wellnessressort, oder? Das kann es nicht sein! Also beschwer dich nicht und mach deinen Job!« Katusch! Es blitzte und donnerte, dann war der Himmel wieder klar. Moses stand alleine auf dem Hügel, mit einer Vinyltafel in seiner Hand, in jenen Tagen auch Schallplatte genannt. Auf der Vinyltafel stand geschrieben: »Dies ist die Platte namens Corsicana Lemonade von der texanischen Band White Denim.« Ziemlich bescheuerter Name für eine Band, dachte Moses. Erst recht nachdem er unter diesem Namen im Internet nach diversen Singles, EPs und der genialen Live-Platte »Live At Third Man« (Third Man Records) gesucht hatte – und zunächst nur Hosen für Hipster fand. Nachdem er sich aber durch alle diese großartigen Platten und CDs gehört hatte, die von den Herren James Petralli (Vocals, Gitarre), Joshua Block (Drums), Steven Terebecki (Vocals, Bass) und Austin Jenkins (Gitarre) zum Teil im Eigenvertrieb herausgebracht wurden, konnte er nicht anders, als des Herren große Weisheit zu bewundern. Moses warf sich in den Staub und rief: »Oh Herr, unfassbar ist deine Größe, unergründlich dein Wille. Dass es in unseren musikalisch arg verwirrten Zeiten vier Vollblutmusiker gibt, denen man die Freude am Spiel bei jedem Riff anhört, die sich keine Sekunde lang irgendeinem Hype anbiedern, sondern ihr groovig-verspieltes Ding mit größten Herzblut durchziehen, eine Band also, die sich wie eine postpunkige Kollaboration von Yes mit Credence Clearwater Revival anhört, das ist wirklich ein, ein … Wunder«. Der Hauch eines Sonnenstrahls zeigte sich am Horizont. »Ja, Herr«, brabbelte Moses, »ich werde hinausgehen und der Welt davon berichten«. Gesagt, getan. (You can call me Moses.)

Home / Rezensionen

Text
Curt Cuisine

Veröffentlichung
26.12.2013

Schlagwörter

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