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Wanda

»Bussi«

Vertigo

Von Marco Michael Wanda ist bekannt, dass er ein großer Bewunderer von Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway ist. Von dem wiederum weiß man, dass er seinem Schaffen das sogenannte Eisbergmodell zugrundelegte. Laut jenem brauche der Literat nur das Allernotwendigste tatsächlich artikulieren, während der bedeutungsschwangere Subtext, also die unter der Wasseroberfläche gelegenen sieben Achtel des Eisbergs, vom Publikum gleichsam zwischen den Zeilen herausgelesen werden müsse. Und obwohl ich tief in mir drinnen weiß, dass Wanda diese sieben Achtel ganz einfach nicht haben, dass sie also wenig mehr sind als impertinente Austropopper mit dümmlichen Liedern, verleitet mich vor allem der immense Erfolg der Band dazu, noch einmal genau hinzuhören. Anders gesagt: Würde die Strizzi- Bande nicht demnächst die Wiener Stadthalle unsicher machen, ich hätte »Bussi« vermutlich stante pede entsorgt. Aber heute, nach Platinstatus für Wanda und Nennungen in Listen über die besten Alben des neuen Jahrtausends (!!!), fällt mir das nicht so leicht. 50 Millionen Fans der »ersten österreichischen Rock’n’Roll- Band aller Zeiten« (Promo-Blabla) können schließlich nicht irren, oder? Und ob! Nach dem etwa zehnten Hördurchlauf stellt sich bei mir die Ûberzeugung ein, dass Wanda wirklich nicht mehr sind als die ForMatr4diogerechten Andreas Gabaliers des Indie-Mainstream, wie es die Bloggerinnen von »Walzerkönig« schon ähnlich festgestellt haben. Geschickt geben Wanda ein begrenztes Pop-Vokabular als eigenen Stil aus. Das tun zwar sehr viele Bands in Österreich, allerdings ist keine dabei so erfolgreich. Gereimte Bubenfantasien lassen Wanda als erhabene Rockpoesie erscheinen; Akkordfolgen, die Schülerbands zu degoutant wären, verkaufen sie dem ahnungslosen Publikum als lebenslustige Schludrigkeit. Wanda machen sprichwörtlich Scheiße zu Gold, oder eben Platin. Einzelne Songs mögen von der schon jetzt antiquierten Norm abweichen (»Gib mir alles« etwa erinnert an gezerrte Seelen der 1980er, an weiße Stirnbänder, an Dire Straits und Police), doch sie taugen maximal zur Verschleppung des Kreativkonkurses der Band. Und dem könnte recht bald die Liquidation folgen – das dritte Album ist laut Aussagen der Band fast fertig.

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Text
Gabriel Mayr

Veröffentlichung
18.10.2015

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