Vielleicht ist das alles auch eine poetische Frage. Optimistisch betrachtet findet vermutlich eine Mehrheit der Bevölkerung einen bewohnbaren Planeten ebenso gut wie eine funktionierende Demokratie. Zugegeben, sicherlich sind einige schon ganz auf Untergang gepolt und freuen sich über Krieg und Zerstörung. Darin liegt eine perverse Lust der scheinbaren Selbstermächtigung. »Volkskanzler«, die anderen »Manieren« beibringen wollen, bedienen dieses Gefühl, nach Autorität, Selbsthass und der durchaus zumindest vorbewussten Ahnung des hereinbrechenden Untergangs. Faschisten wissen sehr wohl, dass sie mithelfen alles in Brand zu stecken. Durchaus wörtlich zu verstehen. Aber eine Mehrheit sind sie nicht. Die meisten Menschen sehnen sich durchaus nach Ausgleich, Verständigung, gerechtem Miteinander und nach – nun ja – »Zukunft«. Warum setzen sie sich dann nur so allenfalls zögerlich dafür ein? Das Ziel wäre angesichts der Klimakatastrophe nichts weniger als die Rettung der Menschheit. Vielleicht fehlt einfach das künstlerisch bewegende Bild für das Verschwinden der Menschheit?
Eine Schliere auf dem Fotopapier
»Der Mensch ist ein Phänomen«, sagte einmal ein gewisser Gilles Deleuze. Ein Phänomen, das eines Tages in der Geschichte aufgetaucht war und das unausweichlich wieder verschwinden wird. Es gibt keinen aufgeklärten Begriff vom Menschen, der dies leugnet. Während hingegen in Mythologie und Religion das Ende des Menschen ordentlich abgefeiert wurde und Gegenstand wüster Spekulationen war, tut sich eine wissenschaftlich und angeblich rationale Gesellschaft schwer damit. Während die Apokalypse Menschen tief bewegte und antrieb, als sie nur eine unbegründete Spekulation über das Auftauchen irgendwelcher Zugposaune spielender Lämmer war (siehe Johannes et al.), ist die naturwissenschaftlich nachweisbare und belegte Aussicht auf ein Ende der Menschheit noch lange kein Grund, Flugreisen abzusagen. Insgeheim nehmen die Menschen an, es würde a) schon irgendwie schiefgehen oder es sei b) sowieso schon wurscht.
Stimmt aber nicht. Weder ist das baldige Ende mit Knalleffekt unausweichlich, noch wird uns ein kurioser, glücklicher Zufall retten. Was es jetzt vielmehr braucht, ist Solidarität, gemeinsame Aktivität und Erneuerung der Gesellschaft. Wer sie retten will, der muss sie ändern. Und vielleicht sollte man sich, so wie die Letzte Generation, an der Realität am besten festkleben. skug versucht mit seiner – für die Verhältnisse dieses kleinen Magazins – recht aufwendigen Kunstaktion und Installation »Die dunkle Kammer« ein Bild für die Misere eines verleugneten, möglichen Endes zu finden.
Der Zukunftsrat sind wir alle
Menschen, die journalistisch, literarisch oder wissenschaftlich schreiben, sind bald recht geübt darin, Dinge zu analysieren. Das können sie dann auch mehr oder weniger packend darstellen. Fein. Was sie gemeinhin weniger gut können, ist, ein breites gesellschaftliches Gespräch führen. Das will sorgfältig moderiert werden, damit nicht immer wieder nur die gleichen Leute den Luftraum vollquatschen. Der Zukunftsrat Verkehr versucht genau dies und hat damit in den letzten zwei Jahren viele Erfahrungen gemacht und auch – das darf man an dieser Stelle mal so sagen – Erfolge erlebt. Erfolge, die wichtig sind, um mutmachende Geschichten über die wiederzubelebende Demokratie und über die Chancen einer Eindämmung der Klimakatastrophe zu erzählen.
Wer mit Menschen redet, sie ernstnimmt, ihnen Raum bietet, um ihre Sicht darzulegen, darf sich zuweilen wundern, wie viel Idee, demokratischer Geist und Wille zum Wandel in den Bürger*innen steckt. Das ist der Witz eines Rates und einer durch Räte erweiterten demokratischen Aushandlung, weil hier Menschen über das reden können, was sie unmittelbar betrifft und worüber sie ein Wissen besitzen. Jeder Mensch ist Expert*in des eigenen Lebens. Warum ihr oder ihm nicht zuhören und nach Wegen suchen, wie diese Sichtweisen in die Entscheidungsprozesse einfließen? Der Zukunftsrat Verkehr kann der aktuellen Politik zur Inspiration und auch zur Mahnung dienen. Alles weitere nachzuhören im skug Talk zum Zukunftsrat mit Bettina Reiter, Caroline Hammoutene und den beteiligten Bürger*innen des Zukunftsrat Verkehr, Moderation Frank Jödicke.
Allen Beteiligten soll an dieser Stelle nochmals ausdrücklich gedankt werden: Tom Zeitlhuber, David Baum, Christoph Benkeser, Ania Gleich, Laura Ferchner, Georg Harfensteller, Theresa Schütz, Anna Herzog, Frank Jödicke und Michael Zangerl. Sie haben geistig und handwerklich mitangepackt, ihre spezifischen Talente und Fähigkeiten eingebracht und ohne sie wäre dies alles unmöglich gewesen. skug verneigt sich, bis die Nase den Straßenstaub berührt.
Die Ausstellung zur »dunklen Kammer« ist ab Donnerstag, dem 23. November 2023 im Das T/abor zu sehen. Infos dazu gibt’s hier. Wir freuen uns auf euch!