Unter starkem Applaus betreten der Jazzpianist Brad Mehldau (im ausgewaschenen T-Shirt von Fruit of the Loom, navy-blue) und seine Begleiter – Larry Grenadier am Kontrabass und Jeff Ballard am Schlagzeug – die Bühne und gehen schnurstracks an die Instrumente. Side fact: Alle drei Musiker bedienen das klischeehafte Bild eines Kontrabassisten, haben also den Kontrabassbuckel bzw. die klassische Genickstarre.
Zuckersüß hebt Mehldau sofort zu spielen an, mit seiner Technik des Endlosspiels. Manchmal legt er seine rechte Hand auf den rechten Oberschenkel, während die linke weiter ein Ostinato hämmert. Zu Hause hätte er wahrscheinlich mit seiner freien Hand die Zeit genutzt, um zu rauchen. Wer weiß es schon. Die Drums bleiben unterdessen verhalten und es dauert einige Zeit, bis Ballard Vertrauen in die Statik des Gebäudes und die Arbeit des Stuckateurs erlangt. Dann wird sein Spiel auch ein bisschen knalliger, dann kommt von der Musik auch was hinten an, dann füllt die Musik den Raum auch einigermaßen aus, dann kommt vielleicht auch etwas »rüber«. Hat allerdings ein Drittel der Zeit des Konzerts beansprucht.
Was fehlt: Bier
Zwischendurch: eine Ansage von Mehldau auf Deutsch. Schön in Wien zu sein, gibt eine neue CD zu kaufen auch. Sympathisch, witzig. Damit hat er das Publikum auf seiner Seite. Etwas seltsam allerdings seine Aussage, er würde sich so sehr freuen, über die positiven Vibes, die ihm entgegenkämen. Genau das ist aber das Problem: Spätestens ab der Mitte des Saales bekommt man weder Vibes von der Bühne mit, noch fühlt man sich dazu ermutigt, im Gegenzug welche zur Bühne zurückzusenden. Als Trio im Zusammenspiel kommt mitunter Wunderbares heraus und besonders die Bass-Soli (zwei) sind fesselnd. Auch so ist es hier gut auszuhalten, ist ja sehr schön im Konzerthaus. Eigentlich alles okay also, in der (verrauchten) Bar, mit Bier in der Hand, funktioniert das allerdings wesentlich besser, dann als Barjazz ausgezeichnet, auf einer angenehmen Lautstärke im Hintergrund.
Mehldaus Art, übergangslos ins Solo zu wechseln, mag an sich ansprechend sein, doch auf Dauer fehlen Anhaltspunkte und es rieselt, rieselt, rieselt wie vom Band. Spätestens als dann die dritte Zugabe kommt, wird klar, dass er den Bogen deftig überspannt. Die teilweise zehnminütigen Alleingänge am Piano ermüden. Keine Frage: Alle drei Musiker sind talentierte Profis, äußerst musikalisch. Doch im Ganzen ist das, was einem in den etwa zweieinhalb Stunden geboten wird, recht routiniert heruntergespielt. Klar, man wusste vorher, was man bekommt, und dahingehend werden die Erwartungen dann auch wieder erfüllt.