Ein bisschen happig ist er schon, der Wien-Museum-Direktor Matti Bunzl. Als ich ihm gestehe, dass ich noch nie in den Ersatzräumlichkeiten des Künstlerhauses Wien in der Stolberggasse im 5. Wiener Gemeindebezirk war, aber so lange schon so gerne auf einen Besuch vorbeikommen wollte, deutet er anklagend mit dem Finger auf mich: »Dass Sie als Kunstjournalistin noch nie in den Ausweichräumlichkeiten des Künstlerhauses waren, bestärkt mich darin …« Murmel, murmel, der Rest seines Statements geht in meinen hochschießenden Schuldgefühlen unter. Er selbst war aber auch noch nie dort, erfahre ich, als ich wiederauftauche. Ich bin extra in das Wien Museum gefahren, um dem erstaunten Direktor, der einmal in der Woche öffentlich Sprechstunde hält, meinen Missmut zur Ausstellungsvielfalt in Wien zu bekunden. Seitdem das schöne, alte Künstlerhaus zugesperrt hat, von dem ich auch wegen der starken Ähnlichkeit zur Moderna Galerija in Ljubljana ein großer Fan war, kann man nirgends mehr die »kleinen« österreichischen Künstler*innen anschauen, die es nicht bis in die Albertina geschafft haben. Mühsam. Man hat ja nicht jedes Wochenende Lust auf Monet-Blockbuster und Touristenschlangen im strömenden Regen.
Kein MUSA-Ausweichquartier
Am Sonntag, dem 20. Jänner 2019, wird nun auch noch mein schönes Museum auf Abruf zugesperrt, in dem man derzeit noch bei freiem Eintritt die dritte Variante von 1990er-Jahre-Künstler*innen betrachten kann. Das Wien Museum zieht während der Umbauzeit mit zwei Ausstellungen ein. »Das wäre doch schade, wenn es nun ein paar Jahre keine kulturtheoretischen Ausstellungen mehr geben würde«, meint Matti Bunzl, den mein Argument der speziellen zeitgenössischen Auswahl des MUSA-Kuratoriums wenig beeindruckt. Anscheinend hat er nicht einmal ein Ausweich-Quartier für das couragierte und eingespielte MUSA-Team angedacht, in dem es weiterhin Konzeptausstellungen weniger berühmter Künstler*innen zeigen könnte. Das ärgert mich, die ich schon die Schließung des wunderschönen, geliebten Essl Museums in Klosterneuburg zutiefst betrauerte. Die Leerstandsagentur Kreative Räume habe ihm auch nicht viel gebracht, moniert Bunzl, denn er müsse die Sicherheitsbedingungen und Erhaltungsvorschriften einhalten, ein leerer Raum genüge nicht. Den Standort in der Wiener Stolberggasse hat aber Kreative Räume für das Künstlerhaus gefunden. Während der reiche Bauunternehmer Haselsteiner am Karlsplatz das schöne Künstlerhausglasdach einreißen durfte, um Platz für »Mister Bombastic« zu finden. Ihr wisst schon, wen ich meine. Jetzt wird auch noch der journalistische Besuch in der Albertina eingeschränkt – nur noch mit Voranmeldung. Ein schlechtes Zeichen, denn seit Einführung der Vorankündigung dort schrieb ich z. B. nichts mehr über das Kunsthaus. Spontanbesuche verunmöglicht.
Armenkataster und Wartehalle
Seit 2007 befindet sich das MUSA in einem Amtshaus der Stadt Wien, das 1916 als einer der ersten Stahlbetonbauten unter der Leitung von August Kirstein (Schüler von Friedrich von Schmidt) fertiggestellt wurde, schreibt das Architekturmuseum Wien. Ursprünglich befand sich in diesen Räumen der Armenkataster, dessen Auszahlungsschalter und Wartehalle in den heutigen Ausstellungsräumen untergebracht waren. Im Jahr 1921 wurden die Räume für die Wiener öffentlichen Küchen adaptiert und behielten als WIGAST bis in die 1990er-Jahre ihre Funktion als Selbstbedienungsrestaurant. Dabei war das MUSA ursprünglich doch als ein Museum konzipiert, das an unterschiedlichen Standorten flexibel gezeigt werden hätte können. Nun bleibt das Konzept stecken. Kein Platz, zu wenig Geld – der ehemalige Direktor wurde zum Wien Museum Kurator für zeitgenössische Kunst umfunktioniert. Die Artothek, in der man Bilder um EUR 2,50 Versicherung im Monat mit nach Hause nehmen kann, wird aber ab Mitte Februar weiterhin geöffnet haben. Muss man sich eben Zuhause ein kleines MUSA-Ausweich-Quartier erschaffen. Ein Minimal-Trost.
Link: www.musa.at