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Arca

»KiCk i«

Beggars/XL Recordings

Arcas viertes Album wird ohne Zweifel zu den besten dieses Jahres zu zählen sein. Und das nicht nur, weil es mit Finesse und Treffsicherheit disparate Elemente, die elektronisch geprägten Pop der letzten Dekade ausgemacht haben, songdienlich vereint. »KiCk i« vermag auch bewusst zu machen, wo die Differenzlinien zwischen emanzipativer und lediglich egozentrischer Selbstermächtigung 2020 verlaufen. Grimes’ »Miss Anthropocene« z. B. depotenzierte ihren Pop-Appeal zum transhumanistischen Soundtrack zu Elon Musks Daten-Welt-Raum-Kolonisierungsallüren (Vorsicht, Sippenhaft, ich weiß!). Für das Propagieren von elitenfuturistischen »Occupy Mars«-Missionen erschiene Arcas Exoskelett ebenso inkompatibel wie ihr balladeskes »No Queda Nada«. Bei Arca wird transidente Schönheit immer noch dem nie zu leugnenden Schmerz einer allzu menschlichen normierten Körperlichkeit abgerungen: flesh with blood, sozusagen; pain is real, Lust aber auch. Dominierte auf dem selbstbetitelten Vorgängeralbum (2017), auf dem Arca zum ersten Mal ihre Stimme einsetzte, Ambient-Balladeskes, so finden sich auf »KiCk i« auch bestechend harsche, klirrende Soundfragmente. Je vielgestaltiger die instrumentale Ebene erklingt, desto direkter präsentiert sich immer wieder die textlich-titelgebende: »Nonbinary« – so klar an- und ausgesprochen, so schwer er- und gelebt. Insofern auch unmissverständlichen Ansagen wie Planningtorocks »All love’s legal« und »Transome« aufs Sympathischste verbunden. Nichtbinäres Sowohl-als-auch-und-vieles-andere-Mehr bestimmt Arcas persönliche Gender-Identität ebenso wie ihren visuell-performativen, musikalischen Ausdruck. Arca produzierte und komponierte u. a. für Größen wie Björk, FKA twigs und Kanye West (vor dessen endgültigem narzisstischem Tipping-Point). Ihre wesentlichen Beiträge zu Björks letzten beiden Alben dürften sich wechselseitig befruchtend auf »KiCk i« ausgewirkt haben. Björk ist auf dem gemeinsam geschriebenen »Afterwards« zu hören. Des Weiteren tragen Rosalía, Shygirl und SOPHIE zum breit gefächerten Stimmen- und Stimmungsspektrum bei.

Home / Rezensionen

Text
Peter Kaiser

Veröffentlichung
14.07.2020

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