Burt Bacharachs Crossover-Appeal, sein universell-cosmopolitischer Ansatz und Anspruch wie auch sein Schöpfen aus den unterschiedlichsten Quellen, ohne dabei einfach nur einen flüchtigen Diebstahl zu begehen, sind, neben seinen Fähigkeiten als Songwriter, Arrangeur und Bandleader (u.a. für Marlene Dietrich) nur einige der Merkmale, warum es eigentlich gar nicht Austin Powers bedurfte um sich in Bacharachs alles andere als simpel gestricktes Pop-Universum Hals über Kopf zu verlieben (und es gleichzeitig gegen sämtliche Easy-Listening-Vereinnahmungs-Umarmungen zu verteidigen). Dass Motown seinen KünstlerInnen Bacharach-Songs ins Repertoire-Fach legte, verwundert dabei eigentlich nicht. Nicht nur wegen der dabei anvisierten doppelten Crossover-Potentiale. Immerhin war Bacharach auch so etwas wie der Stimmungsparameter-Soundtracklieferant der Sechziger Jahre. Zumindest für die USA und da mit ganz genauem Bewusstsein über die Meldungen im (Außen-) Politikteil der Tageszeitungen (nicht nur Vietnam-Songs wie »I Say A Little Prayer For You« legen davon Zugnis ab). Nur so richtig aufgegangen ist die Rechnung für Motown nicht. Während die Walker Brothers mit dem ursprünglich für den Ex-Impressions-Leadsänger Jerry Butler geschriebenen Song »Make It Easy On Yourself« die Hitparaden (und Herzen) erstürmten, blieben die Motown-Cover von Burt Bacharach-Songs eher im Obskuritätenbereich. Auch weil Acts wie Gladys Knight & The Pips, Martha Reeves & The Vandellas, Smokey Robinson & The Miracles, The Marvelettes, The Four Tops oder Diana Ross & The Supremes zum Zeitpunkt ihrer Bacharach-Cover schon den jeweiligen Zenit überschritten hatten und sich das Motown-Konzept von »Pop« und »Soul« schon in Richtung erwachsen orientierter Unterhaltungen bewegte. Einen so richtig soulifizierte Bacharach gibt es dann auch nur von Jimmy Ruffin (»This Guy’s In Love With You«), von Ex-Temptations-Lead-Sänger Eddy Kendricks (»Any Day Now«) sowie von Stephanie Mills (der ersten schwarzen/afro-amerikanischen Dorothy in der 1975er »Der Zauberer von Oz«-Broadway- Produktion »The Whiz«), die »This Empty Place« direkt in die funky Disco überführt.
Den absoluten Höhepunkt stellt jedoch das knapp sechsminütige und schier unglaubliche »Hörstück« (heute würde man »Sampling-Collage« dazu sagen und auf Public Enemy verweisen) »What The World Needs Now« von Tom Clay aus dem Jahr 1970 dar, bei dem zum immer wiederkehrenden Refrain von Bacharachs Anti-War-Hymne O-Töne u.a. von Martin-Luther-King-Reden, den Kennedy-Morden sowie von Gefechten in Vietnam und marschierenden Marines eingeblendet werden. So radikal konnte Motown also auch sein, auch wenn man es in Detroit dann doch lieber den KollegeInnen von Stax überließ, Politik zu machen.
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