Ich stelle mir das Studio wie ein unaufgeräumtes Kinderzimmer vor, mitten drin Nobukazu Takemura, mit einem debil-aufgeregten Grinsen, wie er knallbunte Melodien aus seinen Synthies herausquetscht, schräge Akkorde auf dem Spielzeugklavier klimpert und das alles auf ein paar gegen den Strich gebürstete Beats los lässt. Und immer wieder der Griff zum Glockenspiel, wahrscheinlich ein Reflex. Soundlayer auf Kollisionskurs, infantil-durchgeknallte Electronica in bedenklicher Schräglage, so lustig, dass es schon wieder weh tut. Und warum muss dieser Wahnsinnige dann auch noch bei fast jedem Track nervige Vocals, die einen im ersten Moment an einen besonders grausamen Vocoder-Scherz denken lassen, jedoch zur Gänze aus einem Sprach-Synthesizer stammen, auf diese Spaß-Bomben loslassen? Wenn eine CD 140 Minuten Spieldauer hätte, hätte er sie dann auch bis zur letzten Sekunde aufgefüllt? Eine hübsche kleine EP mit den wenigen, geglückten instrumentalen Beiträgen hätte wohl gereicht, wäre wahrscheinlich sogar ausgesprochen gut gelungen; so hat Takemura ein unübersichtliches Plastikpop-Labyrinth erschaffen, aus dem ich mich spätestens nach der Hälfte der Spieldauer mittels Eject-Taste hinauskatapultiere, um nicht durchzudrehen.
Nobukazu Takemura
10th
Thrill Jockey
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