© Willy Steindl
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»Religion schadet Ihrer Gesundheit« (Claude Barthélémy, französischer Jazzgitarrist). Eine Absage an jeglichen Rassismus und Terror, an einen Krieg ohne Dialog: Plädoyer für eine pluralistische Gesellschaft und alles, was einen Schmelztiegel wie Wien so lebenswert macht.

Das hat nichts mit dem Islam zu tun und ist dennoch ein Aspekt des Islam. In Europa (und auch anderswo) haben lange und blutige Religionskriege immerhin zum Prinzip der »Laïcité« geführt: der strikten und klaren Trennung von Religion und Staat (ob auf politischer, pädagogischer oder administrativer Ebene). Über dem Eingang französischer Schulen prangt immer noch die revolutionäre Parole: Liberté ‒ Egalité ‒Fraternité.

Wien war das ideale Angriffsziel: ein europäisches Wunder an kultureller Vielfalt, ein großes, friedliches Dorf mit vielen Schichten natürlicher Zuwanderung und einer zumindest im Alltag funktionierenden Integration. Eine tiefe politische Spaltung, Populismus, Ängste, auf der anderen Seite unbekümmerte Lebensfreude und Sorglosigkeit. Dazu eine bedrohliche Pandemie, die zunehmend an den Kräften zehrt.

Sie greifen immer an, wo und wenn man es am wenigsten erwartet. Es ist ein Krieg, und das Böse steckt dabei oft im Detail: Die berühmte Maxime »teile und herrsche«, dieses Gegeneinander-Ausspielen, das Siegen leicht macht, lässt sich zurückführen auf Philip II., König von Makedonien (359–336 v. Chr.) ‒ die Vorfahren des Mörders stammen aus dieser Region …

Es gibt so viele Fragen, so viele Gründe, so viele Probleme, aber nichts, was solches Handeln rechtfertigt. »Wer Dinge falsch benennt, trägt zum Unheil der Welt bei.« (Albert Camus). Es geht dabei nicht nur um Extremismus, Terrorismus, Faschismus oder Fundamentalismus. Es ist ein Krieg ‒ was es nicht gibt, ist ein Dialog, wie auch keine Alternative geboten, keine Perspektive aufgezeigt wird. Geht es doch um das Simplifizieren, um das Polarisieren, Auseinanderdividieren und Opponieren, nicht zuletzt um das Ausblenden und Ignorieren. Um eine Welt geteilt in rein und unrein, legal und illegal, die schließlich doch »eine« werden soll, womit sie aber nur ihre eigene Welt meinen und alles andere ausschließen.

Auch wenn sie davon überzeugt sind, damit einen wunden Punkt unserer Gesellschaft zu berühren, Widersprüchlichkeit ist ein Charakteristikum des Lebens. Lachen und weinen, das eine denken und das andere tun, sich unsicher sein oder sicher sein, Zweifel und Behauptung ‒ das Leben ist nun einmal paradox. Sie aber wollen, dass man Mitleid empfindet und sich gleichzeitig schuldig fühlt.

Hinter solchem Verhalten verbirgt sich nur Feigheit und Schwäche. Man greift zu Waffen, wenn man nicht mit Argumenten überzeugen kann. In den letzten Jahren ist es schrittweise zu gesellschaftlichen Umbrüchen gekommen (Symbolbesessenheit, halal, Hidschab, Parallelgesellschaft, revitalisierte und folklorisierte Rituale). »Wiener« steht jedoch nicht für eine Nationalität, eine Religion oder ein Gesetz (genauso wie New Yorker, Berliner … beliebig fortzusetzen mit jeder coolen Stadt). Wienerin oder Wiener sein, heißt in einem großen Schmelztiegel der Geschmäcker und Ideen, Gerüche und Gefühle, Übereinkünfte und Differenzen geformt werden und diese Vielfalt leben.

Rassismus ist keine Meinung und Niedermetzeln keine Option. Es ist Terror. Weist ihn zurück!

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