Am 1889 erbauten Volkstheater kommt niemand mehr vorbei, der auf gegenwärtige Musik von Subkultur bis Avantgardepop steht. Im Dezember 2022 wurde gar ein neues Festival angestoßen: »Desertshore« bot famose Gastspiele von Anika über Zola Jesus bis Michael Gira. Heuer gab es u. a. ein charmantes Konzert von Marc Almond und klarerweise war die Reihe »Peter Cat’s Wide World of Sound« des Musikchefs Paul Wallfisch bereits einen Artikel wert und wird demnächst wegen der zehnten Ausgabe am 19. Mai 2023 noch eine Philip-Glass-Würdigung auf skug.at nach sich ziehen. Bevor ein kleiner Überblick über weitere Live-Gigs bis Ende Juni folgt, sei zunächst auf das Gastspiel der Berliner Indierock-Combo Musa Dagh am 20. Mai in der Roten Bar verwiesen. Ein Kurzinterview mit Sascha Madsen, dem neuen Drummer des Trios.
skug: Für geschichtsbewusste Hörer stellt sich die Frage: Wurde der Bandname von Franz Werfels 1933 erschienenem historischem Roman »Die 40 Tage des Musa Dagh« inspiriert? Inwiefern verarbeitet Musa Dagh den Genozid am armenischen Volk in den Lyrics?
Sascha Madsen: Ja, klar ist der Name von dem Buch inspiriert. Aydo Abay ist gebürtiger Türke, Aren ist Emirze Armenier, damit ist das Thema auf jeden Fall präsent in der Band. Textlich wird das Thema auf der neuen Platte nicht aufgegriffen, das behalten wir uns für die bandinternen Diskussionen vor.
Wie reflektiert ihr aktuelle Kriege wie jenen im Sudan, in der Ukraine oder den Krieg Aserbaidschans gegen die armenische Region Berg-Karabach?
Diese Themen sind allgegenwärtig und fließen in unser Leben und unseren Alltag ein – somit sicher auch unbewusst in unsere Musik. Es wird viel diskutiert bei uns, auch gestritten, und diese Energien wandeln wir dann um in Musik.
Musa Dagh spielt melodiösen Noise Rock, auch auf »No Future« … Ist es da nicht ein bisschen waghalsig, einen Song der Sex Pistols als Albumtitel zu nehmen? Oder ist das »No Future« doch auf den Kapitalismus gemünzt, der auch als Ökokapitalismus die Welt an die Wand fahren wird, sollte die Politik nicht radikal gegensteuern?
Es ist auf beides gemünzt. Während der Albumproduktion haben wir die Serie »Pistol« von Danny Boyle gesehen, die uns die Band noch mal nähergebracht hat. Und der Titel passt natürlich wunderbar in die jetzige Zeit.
In welchen Venues spielt ihr sonst noch, wenn Musa Dagh auf Tour ist?
Wir spielen in kleinen, ausgewählten Venues. Wir starten in Hamburg, in der Molotow Skybar, und enden im Badehaus Berlin. Die Rote Bar im Volkstheater ist aber besonders schön und wir freuen uns sehr auf das Konzert!
choryphony am 21. Mai
Die Bandbreite an dem Wochenende, an dem Musa Dagh im Volkstheater gastiert, ist enorm. Am Freitag, dem 19. Mai lädt »Peter Cat’s Wide World of Sound« ebenso in die Rote Bar. Die »Passage to India with Philipp Glass« am Samstag, dem 20. Mai featured ein Gastspiel des Tablavirtuosen Haider Khan Gorau. Und choryphony am Sonntag, dem 21. Mai ist ein Projekt des Chorus sine nomine, einem der innovativstem Konzertchöre in Wien. Geleitet wird dieser von Johannes Hiemetsberger, der befreundete Ensembles wie die Gesangskapelle Hermann zu einem rauschenden Fest der Vokalmusik einlädt. Obwohl bereits ausverkauft, sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt, dass Cari Cari am 25. Juni den großen Theatersaal beschallen werden.
Scanner & Gareth Davis am 5. Mai
Bereits am Freitag, dem 5. Mai steigt in der Roten Bar eine vielversprechende Kooperation mit Georg Weckwerth & TONSPUR Kunstverein Wien. Elektronik-Experimentator Robin Rimbaud aka Scanner und Bassklarinetten-Improvstilist Gareth Davis werden ihr Duoalbum »Footfalls« live aufführen. Inspiriert von T. S. Elliot und Samuel Beckett driften die britischen Alleskönner in ein mit Ambient aufgeladenes Feld, aus dem sie ekstatischen Oberton-Noise schöpfen. Ein ellipsoider Sound, der in die Körper fährt und lange in den Besucher*innen nachhallen wird.