Verschiedene Hersteller, historische Spielzeugroboter, 1956-1980; Privatbesitz; Foto: © Andreas Sütterlin, 2016
Verschiedene Hersteller, historische Spielzeugroboter, 1956-1980; Privatbesitz; Foto: © Andreas Sütterlin, 2016

The roboter is doing his job correctly

Roboterkunst zwischen Science-Fiction und Verschmelzung. Eine Ausstellung und ein Symposium im MAK untersuchen die Folgen der »digitalen Moderne«. Alle TeilnehmerInnen waren sich einig, dass wir auf den bevorstehenden gesellschaftlichen Wandel nicht ausreichend vorbereitet sind.

Von der »digitalen Moderne« spricht der Direktor des MAK. Von »Superintelligenz« und der »Hand am digitalen Drücker« und von »Transhumanismus, ähnlich einer Religion, hinter dem unglaublich viel Geld steckt«. Im Rahmen der Vienna Biennale findet das Symposium »Economy in Transition. The Economics of 2030 and Beyond« statt. Um die Ecke in der Ausstellung steht ein riesiger R2-D2 aus »Star Wars«, ein Astromech-Droide, der nur Pfeiftöne von sich geben kann. Von George Lucas aus 1977.

MAK-Direktor Thun-Hohenstein zeigt sich engagiert: »Der Mensch möchte unsterblich werden, auf Teufel komm’ raus!«, warnt er, »es muss ein digitaler Humanismus entwickelt werden«. Die »Hello Robot«-Ausstellung zeigt von Science-Fiction bis zur Verschmelzung mit Robotern völlig unterschiedliche Kunstwerke und Kunstansätze. In einem Theaterstück von Karel Čapek über die Firma R. V. R., die menschenähnliche Klone herstellt, tauchte 1920 erstmalig das Wort »Roboter« auf. Erfunden hat es Čapeks Bruder Josef. Die Klone dienten den Menschen als rechtlose, billige Arbeiter, bis es schließlich zum Aufstand kommt. »Für Berlin kreierte Friedrich Kiesler die elektro-mechanische Kulisse«, steht an der Ausstellungs-Wand.

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Yonezawa, Directional Robot, 1957; Privatbesitz; Foto: © Andreas Sütterlin, 2016

Drei Jahre lang hat der Ökonom Bill Price für das Symposium gearbeitet, doch er meint, dass »wir nicht gut vorbereitet sind«. Das Zeitalter des Mangels sei vorbei und es herrsche eine Wirtschaft des Ûberflusses vor. Die Gesellschaft müsse dringend besprechen, wie der Reichtum verteilt werden kann, denn derzeit wären die Löhne das einzige Verteilungsmittel. »Die Gefühle des Roboters sind egal, aber die Industrie wird sicher nicht zulassen, dass Roboter weniger intelligent als der Mensch sind. Was bedeutet es dann, ein Mensch zu sein und für seine Rechte einzutreten – menschlich zu bleiben, die Menschenrechte zu wahren?«, fragt Bill Price.

Meine lebenslange Dampfmaschine

Glasklirren, Rap. Mit Kopfhörern kann man die Musik zum Film »Robots of Brixton« (2011) anhören. Regisseur und Architekt Kibwe Tavaras wuchs in Brixton auf. In seinem Film kämpfen menschenähnliche Roboter in Machohaltung in einer »dystopischen Stadtlandschaft aus billigen Hochhäusern« gegen die Polizei. Erinnert alles sehr an die Brixton-Riots von 1981. Roboterkinder erzeugen Schuhe.

Auf dem echten Symposium im echten Leben berichtet AMS-Chef Kopf, dass 26 Prozent der Pflichtschul-AbsolventInnen arbeitslos wären, »es geht uns die Arbeit für die Unqualifizierten aus«. Auch die Wellen für die Berufe würden kürzer, früher hätte man zum Beispiel sein Leben lang bis zum Tode eine Dampfmaschine bedient, nun müsste man 40-Jährigen einen neuen Beruf beibringen, was bisher eigentlich unmöglich sei. »Da wissen wir noch nicht wie«, sagt Kopf. »Die Welt dreht sich laufend schneller und es gibt immer mehr Menschen, die bei der Digitalisierung nicht mitkommen.«

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Vincent Fournier, Reem B #5 [Pal], Barcelona, Spain, aus: The Man Machine, 2010 © Vincent Fournier

Gewerkschaftspräsident Foglar fragt sich, was der Erwerbsarbeit folgen wird? Denn es gäbe Arbeit »wie Sand am Meer«, aber großteils leider eben unbezahlt. »Wir sind nicht ausreichend vorbereitet auf den gesellschaftlichen Wandel«, konstatiert auch er. 30 bis 50 Prozent der Arbeitsplätze würden in naher Zukunft verschwinden, »in einer Rationalisierungswelle, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet«. Daten seien die Währung der Zukunft und es ginge nicht ohne »Daten-Transaktionssteuer«. »Wir müssen weggehen von der monokausalen Hauruck-Mentalität, hin zu Creativity und einem Weltbürger-Dasein als Global Player und hin auch zu vernetzten Systemen.« Der nächste Redner (Anm. alles Männer, was vom Publikum kritisiert wird, aber die Moderatorin ist eine Frau) findet es furchtbar, dass die Lohnquote in den letzten Jahren um 13 Prozent gesunken ist, während aber der Staat und die öffentliche Hand immer mehr gefordert wären: »Die Unternehmen sitzen in drei Ländern und zahlen nirgendwo Steuern. Daten kennen ebenfalls keine Landesgrenzen.«

Deep Mind und analoge Situationen

Im Kongo entwickelten Ingeneurinnen von »Women’s Tech« 2013 einen Verkehrspolizisten-Roboter, der Bilder sendet und garantiert unbestechlich ist. »Now you can cross with confidence«, sagt ein Verkehrsteilnehmer in die Kamera, »the roboter is doing his job correctly.« Ein Roboter kostet 27.500 Dollar und hat kleine Punkte in das Metall eingestanzt. Außerdem trägt er eine Sonnenbrille, wird mit Sonnenenergie betrieben und kann durch das Aluminium stundenlang in der größten Hitze aushalten.

Auf dem Symposium sprach nachmittags Robert Trappel, der Leiter des Forschungsinstitutes für Artficial Intelligence, von seinem Spieltrieb, dem spielerischen Zugehen auf Roboter, in dem er sein kreatives Schaffen ausleben kann. Hier ging es um »Number crunching«, um Spiele, die ihre Programmierer schlagen, weil sie lernfähig sind, um die »Struktur alles Seienden« nach Aristoteles, um kombinatorische Explosion und das Mur’sche Gesetz, nämlich wie viele Prozessoren auf einen Chip passen. Um Sensoren und Reflektoren, »deep learning« und »deep mind« und um Spiele, in »denen es immer um Schlagen geht«. Anscheinend existiert eine riesige Kriegsdatenbank darüber, welche Meditationsstrategie in welcher »analogen Situation« geholfen hat. Anscheinend hat Trappel zehn Jahren lang an Kriegsvermeidung durch lernende Systeme gearbeitet? Bei diesen ging es um ein »Reliefs Desire Program« und eine »Theory of Mind Hunting«.

In der Ausstellung sind zu diesem Thema zwei Roboterchen dabei: Der eine, »Xian’er«, wurde von Meister Xuecheng und Meister Xianfan entwickelt, basiert auf einer Comicfigur und ist Roboter-Mönch im Kloster Longquan. Er kann Mantras singen, einfache Gespräche führen und Fragen zum Buddhismus beantworten. »Er soll als Fusion von Technologie und Religion helfen, den Buddhismus auf zeitgemäße Art zu vermitteln«, steht im Programm. Der andere ist ein KIP, ein von Guy Hoffman und Oren Zuckerman aus Acryl, Garn und Papier gefertigter »Empathie Roboter«, der als Messgerät zur Selbstkontrolle verwendet werden soll. Er zittert bei Aggression in der Stimme und krümmt sich zusammen, als ob er weinen würde.

Ausstellung

Vienna Biennale 2017

»Hello, Robot. Design zwischen Mensch und Maschine«

Bis 1. Oktober 2017

MAK, Stubenring 5, 1010 Wien

www.mak.at/hello_robot

 

Weiterführender Link:

  • Jochen Overbeck über die Ausstellung »Hello Robot«, die im Vitra Design Museum in Weil am Rhein zu sehen war, auf Spiegel online

Home / Kultur / Open Spaces

Text
Kerstin Kellermann

Veröffentlichung
17.07.2017

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