Die im Titel von Gustav Ernsts jüngstem Roman angekündigten »Besten Beziehungen« dürfen, das stellt sich schon nach der Lektüre der ersten Seiten ein, ausschließlich als gute Verbindungen im Dienste des Egos verstanden werden. Mit den positiven Seiten der (Zwischen)Menschlichkeit ist es in der von dem erfolgreichen Zeitschriftenherausgeber und Bühnen- bzw. Drehbuchautor beschriebenen Welt nicht weit her. Scharf und ungeschönt ist sein Blick auf eine österreichische Neidgesellschaft, die in ihrer Beschreibung prinzipiell aber internationale Gültigkeit hat. Alles liegt im Argen, die sozialen Relationen der miteinander verschaltenen Erzählstränge – von der scheiternden Beziehung, über den politischen Machtrausch hin bis zum Kindesmissbrauch – sind von Niedertracht und der ?berwindung von Gewissen, Moral und ethischer Selbstverantwortung geprägt. Die Reue für das Verbrochene, das sich nicht zuletzt in eingeschobenen, zeitungsmeldungsartigen Passagen manifestiert, kommt da immer zu spät.
Auf den Griff in den Schritt folgt hier nicht selten der Griff zum Messer oder zur Axt. Kräftig, ohne schlicht roh zu sein, genau, doch nicht effekthascherisch spürt Ernst gnadenlos dort nach, wo es schmerzt, wo der ohnehin dünn gewordene Lack der Zivilisiertheit schließlich bricht. Auf die überzogene Spekulation folgt bei ihm, ohne dass er sich in Moralismen ergeht, der unvermeidliche Untergang, das schlimme Ende, die bislang erfolgreich aufgeschobenen Konsequenzen. Bis es aber dazu kommt, flucht und »fickt« sich das Ensemble recht derb durch die Verschlimmerung der Zustände; die Verrohung der Sprache ist dabei aber kein simpler Effekt, als vielmehr Teil der sehr konkreten Zeichnung einer eben nur nach außen hin makellosen Gesellschaft. Wie in vielen von seinen Texten ist auch »Beste Beziehungen« einer Programmatik der Steigerung, der Verschlimmerung verpflichtet, die sich nicht zuletzt auf der erzählerischen Ebene auswirkt und die immer intensiver werdende Verkoppelung der einzelnen Episoden mit sich bringt. Mit dem vorliegenden Roman erweist sich Gustav Ernst einmal mehr als Meister der literarischen Ungemütlichkeit, der es schafft, seine Leserschaft nicht zuletzt durch die klare und kühle Darstellung einer nur zu wirklichen Ekelgesellschaft zu verführen und in durchaus unangenehme Rezeptionshaltungen zu bringen. Denkanstöße sind bei ihm eben keine freundlichen Tupfer als vielmehr kräftige Stöße. »Beste Beziehungen« ist ein wichtiges Buch, ein Buch, das zur richtigen Zeit kommt.
Gustav Ernst: »Beste Beziehungen«, Innsbruck: Haymon Verlag 2011, 212 Seiten, EUR 19,90