»Ach, ihr macht eine Party am Donaukanal? Aha …« Moment, bitte kurz noch die Pferdchen in ihrem wilden Assoziationsgalopp stoppen. skug und unsere lieben Kolleg*innen vom BAM! Bündnis alternativer Medien möchten nämlich zunächst etwas konstatieren: Die Corona-Krise entwickelt gerade neue und unschöne Dimensionen. Was allen eigentlich klar sein musste, wird langsam konkret, seit die Infektionszahlen wieder steigen und die Versprechungen der Bundesregierung in den Ohren verklungen sind: Natürlich ist man in Österreich nicht in der Lage, jeden Infektionsfall nachzuverfolgen und damit die Bevölkerung einerseits zu schützen und andererseits zugleich ein möglichst »normales« Alltagsleben zu ermöglichen. Das Zusammentreffen von Menschenansammlungen ist somit wieder (oder immer noch) mit Risiko behaftet und dies wird uns im Herbst und Winter noch heftig plagen, weil der beste Schutz gegen das Virus die frische und möglichst windige Luft ist. Folglich werden gerade viele Indoor-Veranstaltungen für den Herbst bereits wieder abgesagt. Es gibt zwar große Optimist*innen, die meinen, Donald Trump würde noch vor den US-Wahlen mit dem Impfstoff in die Kamera winken und behaupten, er habe ihn erfunden, aber selbst wenn dies gelingen sollte, würde es noch lange dauern, bis die Bevölkerungen dieses Erdballs durchgeimpft sind.
Wie geht es jetzt eigentlich weiter?
Nun gibt es Leute, die reagieren auf diese trüben Aussichten mit der Ansage: »Wir lassen uns unsere Schaumparty nicht nehmen!« und feiern trotzdem los – und genau zu denen gehören wir nicht. Der Donaukanal ist ein schönes Stück Wien, er hat seine nicht kommerziellen »Ermöglichungszonen« und die wollen wir nützen und uns ein Sommerfest gönnen. Eines, wie wir es von skug und BAM! gewöhnt sind, mit viel guter Musik, Begegnungen (auf physischer Distanz) und jenem direkten intellektuellen Austausch, den Menschen einfach doch nicht per Videotelefonie haben können. Damit sind wir auch schon bei dem ersten Thema, das wir am 8. August 2020 bei unserem Doppelevent BAM! Forum und Salon skug inhaltlich zu behandeln gedenken und das uns wahrlich aufgezwungen wurde: Was ist denn nun mit der Kunst und Subkultur im COVID-Zeitalter?
Wir haben eine kleine Runde zusammengetrommelt, die authentisch und unmittelbar aus ihrem Virus-Nähkästchen plaudert, und aufzeigt, wie heimtückisch mit den Eindämmungsmaßnahmen Sozial- und Gesellschaftspolitik gemacht wird. Wer Kunst macht, in Subkulturzentren arbeitet oder für alternative Medien schreibt, liebt gemeinhin eine gewisse Freiheit und Unabhängigkeit, die aber zugleich auf tönernen wirtschaftlichen Füßen steht. Die Einnahmen brachen für viele nicht nur weg, sie sind seit 20 Wochen schlicht nicht mehr vorhanden. Ist der Plan der türkis-grünen Bürgerlichen, hier die neoliberale Medizin zu verabreichen und zu schauen, wen der »Markt« übriglässt? Der US-Investor und »Unternehmerstar« Mark Cuban fasste es im Fernsehen einmal leutselig und klar zusammen: »Durch COVID merken die Unternehmen und Organisationen, wen von ihren Mitarbeiter*innen sie wirklich brauchen.« Okay. Das ist also Effizienzsteigerung durch Pandemie.
Wenn sich der Staub gelegt hat, zeigt sich: Die letzten, die noch irgendwo einen Broterwerb haben, arbeiten sich dort den Buckel krumm, und die anderen gehören halt zum Ausschuss. Klasse, super Aussichten. Subkultur und freie Szene gibt es dann kaum mehr, denn die war immer schon an Selbstausbeutung geknüpft, aber ohne jede Einkunft geht das halt auch nicht mehr. Deswegen ist jetzt die Frage, was können die »Alternativen« machen? Wie können sie sich vernetzen, wie können sie Forderungen stellen, wie können sie den Kopf über Wasser halten? Die ganze Gesellschaft sollte an dieser Frage Anteil nehmen, denn was jetzt der »Markt bereinigt«, kommt vielleicht nie mehr zurück. Verschiedene BAM!-Medien haben zu diesem Thema geforscht, ein Überblick über die skug-Rechercheergebnisse, sowohl was Künstler*innen, Medienarbeiter*innen als auch Veranstalter*innen betrifft, findet sich hier.
Haben wir eine Wahl?
Am 11. Oktober 2020 wird in Wien ein neuer Gemeinde- und Bezirksrat gewählt. Wahlen sind ein Leib- und Magenthema sowohl von skug als auch BAM! (siehe unser Wahlspecial im letzten Jahr), insbesondere wenn die Wahl eigentlich keine echte ist, denn knapp 30 % der in Wien lebenden Menschen sind zur Gemeinderatswahl nicht zugelassen. Auch hier haben wir Expert*innen eingeladen, um dieses Thema anzugehen. Wir schauen uns an, mit welch diabolischer Schläue Menschen von Staats wegen zu Fremden erklärt werden und wie damit Mehrheiten gesichert werden, die jenen nutzen, die ebendiese schon immer kontrollierten. Wir holen uns in dieser Sache Unterstützung vom linken Wahlbündnis Wien ANDAS, das 2015 bei der Wahl in Wien antrat und an den vorgesehenen Hürden scheitern musste. Bei der anstehenden Wahl unterstützt Wien ANDAS die neue Wahlbewegung LINKS und konzentriert sich auf die Bezirksvertretungen, denn dort gibt es keine 5 %-Hürde und zumindest die EU-Ausländer*innen dürfen wählen. Diese beiden Themenfelder werden wir ab ca. 18:00 Uhr, mit viel sorgfältig kurartierter DJ-Musik garniert, beackern.
Just Friends and Lovers und Schweiffels live
Ab 20:00 Uhr ist das Publikum dann hochinformiert und politisiert und in den Herzen bildet sich der heiße Wunsch: »Shut da fuck up and start the music!« Machen wir. Und die wird ziemlich rockig. Österreichisch-türkische Harmonie geht nämlich auch per v, g, b & dr und mit knackig frischem Rockidiom. Schade, schade, leider gibt es von den Schweiffels ja noch nix auf Tonträger oder als Internethörprobe. Die Redaktion hat es dennoch gehört – ätsch – und wir dürfen erst einmal nur so viel sagen: Wird gut! Die Combo hat einfach diese freche und unverstellte Schludrigkeit des »Ich spiel’ euch jetzt mal was auf der Gitarre vor« und die anderen so im Probenraum: »Ja, klar, ist geil.« Stimmt. Motive türkischer Lyrik und Volksmusik sind angenehm verarbeitet und werden gleich mitgerockt in der free world.
Und dann kommen auch noch Just Friends and Lovers. Die sind seit geraumer Weile fester Bestandteil Wiens, wenn es post-punkig und no-wavig mal richtig klasse werden soll. Rock geht ja nicht ohne Haltung und einigermaßen bekannte Rockgesten wurden von Just Friends and Lovers sorgfältig dekonstruiert und weiterverarbeitet. Dieses »Ich erzähl dir jetzt mal was, das mir a) vielleicht stinkt oder b) ziemlich sauwichtig ist und das geht halt nur, wenn ich mir vorher die Gitarre umschnalle« wird von der Band in einer mitreißend schlauen Weise beherrscht. Drumming wie ein milde aufgeregter Herzschlag, ein Gesang der fein austariert genau die Energie liefert, die die Songs brauchen, ohne die zuweilen genretypische Überemphase (aka Gebrüll). Gitarre und Bass schrubben die Rhythmen fein und generieren dazu dann auch noch wirklich schöne Melodien. Oide, sollte man live wirklich nicht verpassen.
Also, die Kalender aufgeklappt und reinnotiert: BAM!-Forum und Salon skug gibt’s am Samstag, dem 8. August 2020 ab 14:00 Uhr mit entsprechender COVID-Distanz auf der Wiese beim Central Garden am Donaukanal. Wir freuen uns auf Euch!
Link: https://skug.at/e/salon-skug-just-friends-and-lovers-schweiffels/