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Dino Spiluttini

»Modular Anxiety«

Umor Rex

Zeitgenössische Ambientmusik, auf die zwei Seiten einer Split-LP verteilt. Die vom Exil-Salzburger Dino Spiluttini gestaltete enthält popsonghafte (die szeneintern beliebten Endlosformate verkneift er sich) Schnappschüsse, die ein angeschlagenes, leicht verdattertes Erhabenes zeigen, das sich halb verbittert, halb ernüchtert vom menschlichen Ohr abwendet, das es immer nur für seine Zwecke missbraucht hat. Es will nicht länger auftrumpfend oder überwältigend sein. Dem Uferlosen, Eposhaften misstraut es. Es wirkt zerrissen, scheu, fast klamm und in sich gekehrt, zugleich reich an Details, die nicht im hohl dröhnenden Zusammenklang absaufen: Die Idee des reinen Sounds gibt es hier nicht, nur zusammengesetztes Ausgangsmaterial, mit dem komponiert wird, nicht im melodiösen Sinne, aber in jener Weise, wie kalte auf warme Klangströmungen treffen, bis ein eigenartiger Sog und merkwürdige Strudel entstehen. Die Titel benennen Gefühle von Verlust, Angst und Trauer. Unklar bleibt, ob sie evoziert, vorgeführt oder doch nur zu Kunst verdaut werden sollen. Diese Ambivalenz ist vermutlich Statement. Wäre dies ein digitales Format und keine Platte, die ich umdrehen muss, um zu den Stücken von Nils Quak zu gelangen, wäre mir der Ûbergang zwischen ihnen zunächst gar nicht aufgefallen (meine letzte Trainingsstunde im Ambienthören ist wohl schon etwas her): Auch hier empfängt mich verhuschte Beklommenheit, aber ihre Form hat sich gewandelt. Die (ebenfalls ungefähr popsonglangen) Tracks wirken enger, verkapselter, klaustrophobischer. Emotionale Assoziationen verweigern sie. Bereits der erste heißt programmatisch »No Dreams«. Quak ist für die Arbeit mit analogen Synthesizern bekannt. Mit ihnen steuert er aber keine Retrobedürfnisse an. Typische Sounds vermeidet er und lässt die Geräte stattdessen ein Eigenleben entfalten, das als steifer, leicht eckiger, abweisender Drone beginnt, aus dem sich über die Spieldauer seiner Plattenseite eine Synthesizermusik entwickelt, die sich dem menschlichen Ausdrucksbedürfnis gegenüber indifferent verhält, auch wenn sie im abschließenden und fast üppigen »Duet For Modular Bass« zu einer Spielfreude gelangt ist, wie wir sie vage aus der freien Improvisation kennen. Das Analoge jedenfalls scheint sich über die neu gewonnene ästhetische Autonomie zu freuen.

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