PJ Harvey veröffentlichte im Jahr 2016 ihr Album »The Hope Six Demolition Project«. Inspiration für die Songs fand sie auf einer Reise bzw. gleich dreien davon: Sie fuhr nach Kabul in Afghanistan, Kosovo und Georgetown in Washington, D. C., sprach mit Menschen, ließ Orte, Dinge und Geschichten auf sich wirken, hörte zu und machte Musik. Und: schrieb auf, dichtete. Sie schrieb als Außenseiterin, als Chronistin nieder, was für sie eindrucksvoll war. Das sind vor allem Menschen oder die Spuren, die sie hinterlassen. Man sieht sie beim Aufschreiben, beim Übertragen ihrer Gedanken in Lyrik. Man sieht eine äußerst neugierige PJ Harvey durch ein zerstörtes Afghanistan spazieren, in einer Welt zwischen Männern als einzige Frau, was beeindruckend ist und seltsam anmutet. Als Fremde, immer interessiert, aber stets distanziert, beobachtet sie.
Besonders eindrucksvoll wirkt das, wenn das Bild dann ins Studio schwenkt, die Sound-Spuren sich überlappen und man die Band bei der Aufnahme des Albums hört, in denen dieselben Zeilen wiederauftauchen. Ihre Reiseerzählung wird zu einem Musikalbum, die sonst eher abstrakten Worte finden nun ihre konkrete Bedeutung in den von Murphy aufgenommenen Bildern. Doch man fragt sich: Wieso Kabul, wieso Kosovo, wieso Washington? Weder von Murphy noch von Harvey gibt es dafür eine Erklärung. Ebenfalls unkommentiert bleibt das von PJ Harvey in London aufgestellte, spezielle Tonstudio. Das nämlich ist – neben den Auslandsschauplätzen – so etwas wie der Hauptschauplatz des Films, auf den Murphy immer wieder zurückkommt. Ausgestattet mit Spezialscheiben, die Zuschauer*innen von außen die Sicht ins Studio ermöglichen, doch innen ein ganz normales Studio, setzen sich Harvey und die Band bei ihren Aufnahmen zum Album der Öffentlichkeit aus. Doch wozu das Ganze? Wieder keine Erklärung.
Der Film zeigt Afghanen mit ausdruckslosen Gesichtern, Schwarze in Georgetown bei der Taufe und beim Gebet, den Wahnsinn trumpistischer Amerikaner*innen bei dessen Rallyes im Jahr 2016. Ein roter Faden ist vielleicht der Wahnsinn und die Hilflosigkeit, die unsere Welt durchziehen und in den letzten Jahren sichtbarer und bizarrer denn je wurden. Vielleicht aber auch nicht. Schade. Dabei hätte doch so viel daraus gemacht werden können. Stattdessen wirkt »A Dog Called Money« wie wahllos zusammengeworfenes Material, dessen Bedeutung im Gesamtkonzept nicht recht nachvollziehbar ist, als Gesamtkomposition unbefriedigend bleibt. Zugutehalten kann man dem Film, dass er zeigt, wie so ein Album entsteht, was alles hineinspielt, bevor es dann auf Spotify aufpoppt. Aber war es das, was Regisseur Murphy wollte? PJ Harvey selbst mag den Film laut seiner Aussage, hatte jedoch keine Zeit, zur Premiere im Kino International zu erscheinen, da sie in London schon wieder irgendwas mit Theater macht. Auch der Film brachte einem diese äußerst interessante Frau nicht wirklich näher und ist in etwa so fad wie dieser Text.
Link: https://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.html?film_id=201913695