Irgendwer hat Max Nagl unlängst als »Jazzpapst« bezeichnet (ich verrate aber nicht, wer). Folgerichtig hätte sich das Wiener Porgy & Bess am 25. Jänner 2012 das Transparent »Wir sind Papst!« über die Türe hängen können. Der Enthusiasmus wäre durchaus angebracht gewesen, mit seinem famosen Ensemble hat Nagl tatsächlich einen mitreißenden Abend hingelegt, der auch auf CD gebrannt mächtig Spaß macht. Aber bleiben wir noch kurz bei der Papst-Metapher, die hat ihren Reiz. Nagl als Papst, das hieße folgerichtig: statt katholischen Religionsunterricht gäbe es in Zukunft Jazzkunde im Unterricht. Die freien Improvisierer würde man als Calvinisten einstufen, die Fusionjazzer als evangelische Abtrünnige, aber dennoch natürlich Schwestern im Geiste. Weltmusik jeder Himmelsrichtung wäre herzlichst willkommen, nur fundamentalistische Funverweigerung (Musikverbot!) wäre der Teufel. Hell, yes, wie schön wäre das! Aber dann, spinnen wir das Metaphernrad weiter, würden schon die Grabenkämpfe losgehen. Die Calvinisten und die radikalen No-Stylisten (Jazz-Atheisten sozusagen) würden meckern, dass der Papst erneut nur traditionell geerdeten Jazz macht, wo doch die Musik mittlerweile ganz woanders spielt. Ach herrjeh, auch in der »Church Of Holy Jazz« nur Grabenkämpfe. Blöde Metapher, echt! Weg mit den Schubladen im Kopf und weg mit den Päpsten! Nagl kann’s, und sein Ensemble kann’s genauso. Ein Schöpfen aus dem Vollen ist diese CD. Meckern darf man maximal über den großzügigen Einsatz des Elektroinstrumentenklassikers »Theremin«. Das klingt nämlich mitunter, als hätte das Ensemble direkt auf der Brücke der USS Enterprise gespielt. Ansonsten großartig.
Die offizielle Cd Präsentation findet am 19.01.2013 im Porgy&Bess statt.