Headerimage Placeholder

»Grimms Killers«, im Rabenhoftheater/Wien

»Sie rissen ihr die feinen Kleider ab, legten sie auf einen Tisch, zerhackten ihren schönen Leib in Stücke und streuten Salz darüber.«

Leider schon ausgelaufen ist das Stück »Grimms Killers«, eine Koproduktion des Rabenhof mit dem Theater Kinetis.

Seit über 150 Jahren wuchsen und wachsen Generationen mit den Märchen der Gebrüder Grimm heran: Gute-Nachtgeschichten voller Gewalt und geprägt von einem Schwarz/Weißen Denkschema, einer Frauenverachtung und einem Antisemitismus, dass es einen Er/Ge-wachsenen bei näherer Betrachtung schaudert: Erzählt wird von Raub, Entführung und Nötigung, über Vergewaltigung und schwere Körperverletzung bis hin zu Mord in allen Facetten: Brüder, Mütter, Väter, Schwestern, Großeltern, Kinder, Freunde werden da lustvoll niedergemetzelt und für ihre vermeintlichen Untaten bestraft. Ende gut, alles gut.
Doch was ist gut und wer ist böse?

In diesem Stück müssen sich Jakob und Wilhelm Grimm nach jahrhundertelanger Amnestie erstmals für die Gräuel verantworten, die sie jahrhundertelang durch ihre Märchen propagierten. Die Anklageschrift reicht überdie Verfälschung der ihnen zugetragenen Märchen, diskutiert die Rolle der Frau in den Gute-Nachtgeschichten und konfrontiert die Gebrüder mit ihren eigenen verkappten Neigungen.

Als Gutachter werden unter anderem Bruno Bettelheim (Pädagoge), C. G. Jung (Psychiater) und Sigmund Freud zitiert, aber es ist vor allem der Besucher selbst, der hier zum Urteilen gezwungen wird: »Was haben die Märchen bei mir/bei uns/in unserer Gesellschaft ausgelöst?«

Denn wir alle haben als Kind gehört, dass wir gehorsam sein müssen, haben erfahren was Frauen passiert, wenn sie neugierig sind, haben erzählt bekommen, dass der Gute alles darf, um sich an den Bösen zu rächen. Der beunruhigendere Blick ist der in die eigene Psyche, nicht der in die des Bruderpaars, die sich ohnehin damit rechtfertigen nur aufgeschrieben zu haben was ihnen an Märchen zugetragen wurde.

»Grimm’s Killers« ist eine Mischung aus Märchenstunde, Gerichtsshow, Realitytalk, Wissenschaftskrimi und Seifenoper, ist eine exzellente Inszenierung, ein Alptraum voller »Happy ends«.

Die Klassiker der Kinderliteratur, zum Fürchten oder doch pädagogisch wertvoll?
Da das Stück bereits abgesetzt ist bleibt nur die Frage für sich selber zu beantworten.

Link: Interview mit Dana Csapo, Inszenierung

http://diestandard.at/?url=/?id=1990596%26_index=1

Home / Kultur / Performance

Text
Sanna Samsara

Veröffentlichung
24.04.2005

Schlagwörter

favicon

Unterstütze uns mit deiner Spende

skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an unseren Verein zur Förderung von Subkultur. Vielen Dank!

Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria

Ähnliche Beiträge

Nach oben scrollen