(foto: elffriede.i.a.)
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elffriede.interdisziplinäre.aufzeichnensysteme (Text/Zeichnung)

Eine formatkritische Fortsetzungserörterung mit Bonusmaterial + Aboexemplaren aus Wehrmachtsbeständen

Was bisher geschah: Das meiste, was man so hört und liest und sieht und wei&szlig, ist ja das Ergebnis des Formats, in dem es dann da ist. So ist das nun einmal, denkt Wuselsam, aber dann schenkt ihm seine Tante eine Filtrierungsanlage, die aus Sachen das Format entfernt. Wow! Aber soll er sie auch anschalten? Um mit dieser schwerwiegenden Frage nicht allein zu sein, öffnet er eine Dose Schopenhauer. Später taucht dann noch Hölderlin auf, der sich bis dato bedeckt gehalten hatte ??

WUSELSAM: Na gut, aber ich wei&szlig jetzt immer noch nicht: Soll ich das Dings ?? die Maschine jetzt anschalten ???

1. SCHOPENHAUERKOPF: Gute Frage: Wollen wir mal so sagen: Was nervt ist, dass das, was nervt, noch viel mehr nerven würde, wenn es nicht existieren würde.

2. SCHOPENHAUERKOPF: Ganz falsch! Das, was gut ist, wäre doch viel besser, wenn es das, was es gut macht, endlich mal loswürde.

HÜLDERLIN: Das ist jeweils nicht uninteressant.

1. SCHOPENHAUERKOPF: Erst die Form gibt dem Inhalt die Möglichkeit, zu leiden. Inhalt ohne Form wirkt immer so ungeboren.

2. SCHOPENHAUERKOPF: Eine gute Form ist das Problem, ohne das es keine Lösung gäbe. Eine schlechte ist nur verräumlichter Inhalt.

WUSELSAM: Aha, genau wie das Universum, quasi

ALLE Inwiefern???

WUSELSAM: Na ja, als Gott alt genug war, sagten die anderen zu ihm: Jetzt mach mal. Denn sie erwarteten Gro&szliges von ihm. Das ist Gott, raunten sie, wenn sie an der Stelle vorbeikamen, wo Gott sa&szlig und nachdachte, da können wir uns auf was gefasst machen. Ein echtes Talent. Wird mal ein ganz Gro&szliger. Einer, auf den wir schon immer gewartet haben. – Was genau soll ich eigentlich machen, fragte Gott. Einfach irgendwas, Du machst das schon. Ja, aber was denn genau?? Du kannst machen, was Du willst. Ach so, was ich will, verstehe. Genau, was Du willst. Und was erwartet ihr euch da so?! Nichts Konkretes, aber wir sind schon total gespannt. Sag einfach Bescheid, wenn Du was hast.

Aber Gott wusste nicht, was er machen sollte.

Na los, sagten die anderen. Jetzt wird’s aber Zeit, riefen sie – und flüsterten: Ich denke, gleich hat er’s. Aber was soll ich denn machen, fragte Gott. Mach doch mal was Eigenes. Ach so, sagte Gott, ja, was Eigenes, gute Idee. Ja genau, was worauf Du Lust hast. Uns ist alles recht. – Ein echter Newcomer, sagten sie und gingen weiter.

Moment noch, rief Gott, wie habe ich mir das denn vorzustellen?

Das wissen wir auch nicht, sagten die Anderen. Das wei&szligt nur Du. Ah okay, sagte Gott, verstehe. Genau, bis dann. Wir freuen uns schon.

Ja, sagte Gott, aber wie lange hab‘ ich denn Zeit? – Och, wir wollen Dich da gar nicht unter Druck setzen. Okay, aber bis wann soll ich denn fertig sein? Egal, schau halt mal, wie lange Du so brauchst. Okay, sagte Gott, also keine deadline oder so. Nö, keine deadline. Verstehe, sagte Gott, keine deadline, ja dann. So ist es – dann noch frohes Schaffen. – Der braucht doch keine deadline, sagten sie.

Ok, sagte Gott, ich soll quasi machen, was ich will. Genau, sei einfach Du selbst. Ja vielleicht, sagte Gott, sollte ich das machen. Unbedingt solltest Du das machen. Wir wollen uns nämlich überraschen lassen. Also hau rein und meld Dich, wenn Du fertig bist.

Okay, aber vom Umfang her?? Wie viel Moleküle hab ich denn? Völlig egal, Du bist da ganz frei. Ach so, da bin ich ganz frei, ja prima. Na dann kann ich ja direkt loslegen. Genau.

Und weil Gott gar nicht wusste, was er machen sollte, machte er einfach ein Universum. Oh, das ist es also, was Du gemacht hast, sagten die Anderen: ein Universum?? Genau, sagte Gott, soll ich euch zeigen, wie es funktioniert? Äh später vielleicht, sagten die Anderen und legten das Universum aufs Fensterbrett. Und sie beschlossen, beim nächsten Mal genauere Vorgaben zu machen. Ein Universum reicht schlie&szliglich. Manchmal sahen sie es im Vorbeigehen an und sagten: Ach ja, das Universum, wie hie&szlig der noch mal. Gott, hie&szlig der. Ach so, Gott, ja, und was macht der jetzt so? Keine Ahnung, den sieht man nicht mehr, ich glaub, der wohnt jetzt irgendwo. Ja genau, hab ich auch gehört. Aber dass der sein Universum einfach da lässt, direkt unverschämt. Da haben wir uns ganz schön getäuscht in – wie hie&szlig der gleich wieder ?? – Gott hie&szlig der. Ja genau, Gott. Wir geben ihm alle Freiheit, und was macht er: ein Universum, nicht zu fassen ??

1. SCHOPENHAUERKOPF: Und genau das ist das Problem, nicht nur mit dem Universum, sondern überhaupt ??

(Fortsetzung folgt)

22. 9.- 30. 11. im literaturhaus wien

elffriede.interdisziplinäre.aufzeichnensysteme in summen und kanten

oder: ästhetik – grenze des erträglichen

eröffnung der ausstellung: 22. 9., 19:30 uhr. kur. barbara zwiefelhofer, es spricht: martin breindl, performance »stimmenrekorder« von elffriede i. a. + fishy

www.elffriede.net

www.elffriede.net/literaturhaus_10/elffriede_literaturhaus.html

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Text
Frank Apunkt Schneider

Veröffentlichung
19.09.2010

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